Deutsche Tageszeitung - Hunderttausende Japaner über 40 leben in sozialer Isolation

Hunderttausende Japaner über 40 leben in sozialer Isolation


Hunderttausende Japaner über 40 leben in sozialer Isolation
Hunderttausende Japaner über 40 leben in sozialer Isolation / Foto: ©

In Japan leben hunderttausende Menschen über 40 Jahren extrem zurückgezogen. Die Regierung in Tokio veröffentlichte am Freitag Zahlen, wonach mehr als 600.000 Menschen in dieser Altersklasse sozial isoliert sind. Bisher galt das Phänomen der sogenannten "Hikikomori" vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen als verbreitet.

Textgröße ändern:

Als Hikikomori gilt, wer mindestens sechs Monate lang nicht zur Schule oder zur Arbeit geht und keinen Kontakt mit Menschen außerhalb der engen Familie hat. Nach Einschätzung der Regierung trifft das auf 613.000 Japaner zwischen 40 und 64 Jahren zu. Fast drei Viertel von ihnen sind Männer. Etwa die Hälfte der Betroffenen lebt bereits seit mehr als sieben Jahren in sozialer Isolation.

Ein Regierungsmitglied sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Zahl sei höher als erwartet. "Hikikomori ist nicht nur bei jüngeren Menschen ein Thema", hieß es weiter. Eine ähnliche Untersuchung war im Jahr 2016 zu dem Schluss gekommen, dass rund 541.000 Japaner unter 39 die Definition eines Hikikomori erfüllen.

Experten vermuten, dass viele Betroffene deshalb so zurückgezogen leben, weil sie finanziell von ihren alternden Eltern abhängig sind. Rika Ueda, die bei einer Hilfsorganisation für Eltern von Hikikomori-Kindern arbeitet, sieht auch gesellschaftliche Umstände in Japan als einen möglichen Grund - etwa den hohen Leistungsdruck oder den Zwang, sich an Normen anzupassen.

Die Zahlen zeigten, "dass es schwierig ist, in der japanischen Gesellschaft zu leben", sagte Ueda. Dass das allerdings auch Menschen über 60 betreffe, habe sie überrascht.

Für die Studie wurden 5000 Japaner zwischen 40 und 64 Jahren kontaktiert, 65 Prozent von ihnen nahmen an der anschließenden Umfrage zu ihrem Lebenswandel teil. Befragt wurden außerdem knapp 3000 weitere Erwachsene, die mit Menschen aus der eigentlichen Zielgruppe zusammenleben.

(P.Vasilyevsky--DTZ)

Empfohlen

Hinrichtung des Deutsch-Iraners Sharmahd: Tochter warnt vor voreiligen Schlüssen

Nach der Hinrichtung des im Iran inhaftierten Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd hat dessen Tochter vor voreiligen Schlüssen zur Todesursache gewarnt. Es gebe viele Möglichkeiten, was passiert sein könnte, sagte Gazelle Sharmahd am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. "Er könnte vergiftet worden sein, er könnte an den Folgen von Misshandlungen während mehr als 1500 Tagen in Isolationshaft gestorben sein. Er könnte gehängt worden sein", sagte sie. Auch dass ihr Vater noch am Leben ist, schloss die in den USA lebende Tochter nicht aus.

Thüringer AfD scheitert mit Strafanzeigen gegen Verfassungsrichter

Die Thüringer AfD ist mit Strafanzeigen gegen zwei Richter des Verfassungsgerichtshofs in Weimar gescheitert. Die Staatsanwaltschaft Erfurt lehnte am Montag die Aufnahme von Ermittlungen gegen die beiden Verfassungsrichter ab. Die AfD hatte ihnen Rechtsbeugung im Zusammenhang mit einem eskalierten Streit über die Wahl des Thüringer Landtagspräsidenten vorgeworfen.

Auf Autobahn in Nordrhein-Westfalen: Polizei stoppt Mann mit Artilleriegeschütz

Die Bundespolizei in Nordrhein-Westfalen hat die Einfuhr eines Militärgeschützes gestoppt. Ein 60-Jähriger zog die auf einen Autoanhänger verladene Kanone mit einem Kleintransporter über die Autobahn 44 bei Aachen, wie die Bundespolizei am Montag berichtete. Einsatzkräfte stoppten das auffällige Gespann auf einem Rastplatz.

Kind in Katzenbox aus Fenster geworfen: Mutter in Berlin vor Gericht

Vier Monate nachdem sie ihre Tochter in einer Katzenbox aus einem Fenster ihrer Wohnung geworfen haben soll, hat am Montag das Sicherungsverfahren gegen eine 41-Jährige in Berlin begonnen. Vor dem Landgericht wurde nach Angaben einer Gerichtssprecherin die Antragsschrift verlesen. Die Beschuldigte soll aufgrund einer psychischen Erkrankung zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft will sie deshalb in einem psychiatrischen Krankenhaus unterbringen.

Textgröße ändern: