Deutsche Tageszeitung - Kindesmissbrauch: Hohe Haftstrafen und Sicherungsverwahrung im Skandal von Lügde

Kindesmissbrauch: Hohe Haftstrafen und Sicherungsverwahrung im Skandal von Lügde


Kindesmissbrauch: Hohe Haftstrafen und Sicherungsverwahrung im Skandal von Lügde
Kindesmissbrauch: Hohe Haftstrafen und Sicherungsverwahrung im Skandal von Lügde / Foto: ©

Hohe Haftstrafen in einem der aufsehenerregendsten Missbrauchsfälle der vergangenen Jahrzehnte: Im Prozess um den hundertfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde hat das Landgericht Detmold am Donnerstag die beiden geständigen Angeklagten zu 13 und zwölf Jahren Haft verurteilt sowie ihre anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. Das Gericht hielt für erwiesen, dass die Verurteilten mit einem "perfiden System" jahrelang insgesamt 32 Opfer missbraucht hatten.

Textgröße ändern:

Der 56-jährige frühere Dauercamper Andreas V. erhielt eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren, der 34-jährige Mario S. von zwölf Jahren. V. und S. gelten als Haupttäter der jahrelang unentdeckt gebliebenen Missbrauchsserie, die nach ihrem Bekanntwerden Ende Januar bundesweit Entsetzen auslöste. In dem Detmolder Verfahren waren hunderte Taten an 24 Mädchen und acht Jungen angeklagt, die jüngsten Opfer waren vier und fünf Jahre alt.

Nach Gerichtsangaben wurde V. wegen 223-fachen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs und 62-fachen Kindesmissbrauchs verurteilt. Die Strafe gegen S. erging wegen 48-fachen schweren Kindesmissbrauchs und 99-fachen sexuellen Missbrauchs. Dazu kamen jeweils einige andere Delikte wie die Herstellung kinderpornografischer Schriften und sexuelle Nötigung.

Die Vorsitzende Richterin Anke Grudda zeigte sich in der Urteilsbegründung überzeugt, die Gesamtzahl der Opfer sei wahrscheinlich noch höher. Die Angeklagten hätten 32 Kinder und Jugendliche "zu den Objekten ihrer sexuellen Begierde degradiert". Aufrichtige Reue habe die Kammer bei V. und S. trotz derer Geständnissen nicht festgestellt. Beide Angeklagten hätten offenbar auch nicht ansatzweise erkannt, "was sie wirklich angerichtet haben".

V. und S. hätten sich das Vertrauen der Kinder erschlichen, indem sie auf dem als "Kinderparadies" geltenden Campingplatz von Lügde im Lipperland mit den Opfern Ausflüge unternommen, am Lagerfeuer gesessen und ihnen Geschenke von Süßigkeiten bis hin zu einem Laptop gemacht hätten. Das Glück der Kinder über die vermeintliche Zuwendung von V. und S. sei aber nur von kurzer Dauer gewesen, sagte Grudda. "Denn schon bald zeigten sie ihr wahres Gesicht."

Den beiden Angeklagten warf Grudda eine "infame und niederträchtige Verhaltensweise" vor. Viele Opfer seien traumatisiert und hätten noch keine Therapie beginnen können.

Für die angeklagten Missbrauchsfälle hätte das Gericht eine Höchststrafe von 15 Jahren verhängen können. Grudda begründete das geringere Strafmaß bei beiden Angeklagten mit deren Geständnissen, die den Opfern eine detaillierte Schilderung der Taten im Zeugenstand erspart habe. Auch seien beide Angeklagte nicht vorbestraft.

Dies seien aber auch die einzigen Gründe für eine Strafminderung, betonte die Richterin. Das Verhalten und die Taten von V. und S. seien "durch nichts zu entschuldigen". Auch sei die Sicherungsverwahrung der Männer nach der Haftverbüßung "zwingend erforderlich": Beide seien weiterhin gefährlich, die Wahrscheinlichkeit weiterer künftiger Missbrauchstaten durch die Angeklagten sei hoch.

Das Urteil im Prozess um den massenhaften Kindesmissbrauch auf dem Campingplatz Eichwald in Lügde-Elbrinxen fiel am elften Verhandlungstag. In den vergangenen zehn Wochen hatte die Detmolder Jugendschutzkammer 33 Zeugen, darunter 16 Opfer und zwölf Angehörige, vernommen. Die Anklage hatte in dem Prozess 14 Jahre Haft für V., zwölfeinhalb Jahre Gefängnis für S. sowie ebenfalls die Sicherungsverwahrung für beide gefordert.

Die meisten Zeugenvernehmungen fanden in der Verhandlung aus Opferschutzgründen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Missbrauchsserie von Lügde gilt wegen polizeilicher Ermittlungspannen und Behördenversagens als einer der größten Skandale der vergangenen Jahre. Unter anderem verschwand bei der Polizei Lippe Beweismaterial. Auch das Verhalten von Jugendämtern im Tatzeitraum wurde scharf kritisiert.

(Y.Ignatiev--DTZ)

Empfohlen

Bahn-Sabotage vor Pariser Olympia-Eröffnung lässt zahlreiche Reisende stranden

Am Tag der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris haben Sabotage-Akte an Glasfaserkabeln weite Teile des französischen Bahnverkehrs lahmgelegt. Hunderttausende Reisende waren betroffen, unter ihnen auch einige deutsche Olympiateilnehmer, die nicht rechtzeitig zur Eröffnungsfeier anreisen konnten. "Diese Operation wurde vorbereitet und koordiniert, es wurden neuralgische Punkte ins Visier genommen", sagte Premierminister Gabriel Attal am Freitag.

36-Jähriger nahe Rostock tot gefunden - zwei Männer in Untersuchungshaft

In Langhagen in der Nähe von Rostock ist ein 36 Jahre alter Mann tot gefunden worden. Ermittlungen zufolge hatte er eine körperliche Auseinandersetzung mit mehreren anderen Menschen, wie die Polizei in der Stadt in Mecklenburg-Vorpommern am Donnerstagabend mitteilte. Drei Tatverdächtige zwischen 19 und 20 Jahren wurden vorläufig festgenommen.

Zweieinhalb Jahre Haft für Verantwortliche von Zugunglück in Spanien von 2013

Elf Jahre nach einem der schlimmsten Zugunglücke Spaniens mit 80 Toten sind der Zugführer und ein ehemaliger Sicherheitschef wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. "Beide Angeklagten haben nach Ansicht der Richterin gegen die durch ihre Stellung auferlegte Sorgfaltspflicht verstoßen", hieß es in dem am Freitag vorgelegten Urteil. Die Männer hätten die Zugreisenden dadurch in Gefahr gebracht.

Mordanklage gegen Jugendliche nach tödlicher Attacke auf junge Ukrainer in Oberhausen

Ein knappes halbes Jahr nach der tödlichen Messerattacke auf zwei junge Ukrainer in Oberhausen hat die Staatsanwaltschaft Essen Anklage gegen vier Jugendliche erhoben. Sie wirft den 14- und 15-Jährigen gemeinschaftlichen zweifachen Mord vor, wie ein Sprecher des Landgericht in der nordrhein-westfälischen Stadt am Freitag sagte. Die beiden 17 und 18 Jahre alten Todesopfer waren ukrainische Nationalbasketballspieler, die 2023 nach Deutschland geflohen waren.

Textgröße ändern: