Deutsche Tageszeitung - Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens zu Chemnitzer Messerangriff

Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens zu Chemnitzer Messerangriff


Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens zu Chemnitzer Messerangriff
Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens zu Chemnitzer Messerangriff / Foto: ©

Im Prozess um den tödlichen Messerangriff in Chemnitz hat die Verteidigung die Einstellung des Verfahrens gefordert. "Es mangelt an handfesten Beweisen", erklärte die Anwälte des Angeklagten Alaa S. am Montag zu Verhandlungsbeginn vor dem Landgericht Chemnitz. Die Anklage wirft dem Syrer vor, Ende August gemeinsam mit einem anderen, flüchtigen Tatverdächtigen den 35-jährigen Daniel H. erstochen zu haben.

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Die Verteidigung hält die Beweislage gegen ihren Mandanten allerdings für dürftig. Tatablauf, Tatbeteiligung und Motiv seien unklar. S.’s Anwalt Frank Drücke sprach von "eklatanten Ungereimtheiten" und "widersprüchlichen Zeugenaussagen". Zudem sei an der gefundenen mutmaßlichen Tatwaffe keine DNA von Alaa S. entdeckt worden. Die Verteidigung forderte die Aufhebung des Haftbefehls gegen den 23-Jährigen aufgrund fehlenden dringenden Tatverdachts.

Der Angeklagte selbst machte am ersten Prozesstag weder Angaben zur Sache noch zu seiner Person. Der Syrer nannte lediglich sein Geburtsdatum und seinen Beruf, er ist ausgebildeter Frisör.

Alaa S. und der noch flüchtige zweite Tatverdächtige - ein Iraker - sollen am Rande des Chemnitzer Stadtfests im vergangenen August während eines Streits mehrfach mit Messern auf Daniel H. eingestochen haben. Staatsanwalt Stephan Butzkies sprach bei der Anklageverlesung von vier Stichen in den Brustkorb und einem Stich in den Unterarm. Daniel H. starb unmittelbar nach der Tat.

Zudem sollen die Tatverdächtigen einen weiteren Mann durch einen Stich in den Rücken verletzt haben. Die Anklage wirft Alaa S. daher gemeinschaftlichen Totschlag sowie versuchten gemeinschaftlichen Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor.

Als erster von rund 50 Zeugen wurde am Montag der bei dem Angriff verletzte Dimitri M. vernommen. Der Kraftfahrer berichtete von der Auseinandersetzung in jener Nacht und sagte, ein Mann "in heller Kleidung" habe mit einem Messer auf Daniel H. eingestochen, als dieser schon am Boden gelegen habe. Ein weiterer Mann habe ihn geschlagen. Ob dieser ebenfalls ein Messer dabei hatte, konnte M. nicht sagen. Den mutmaßlichen Messerstecher konnte der Zeuge auf mehrfache Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Simone Herberger und nach Vorlage von Fotos ebenfalls nicht identifizieren.

Wie Dimitri M. treten auch die Mutter und die Schwester von Daniel H. als Nebenkläger auf. Beide verfolgten den Prozessauftakt im Gericht.

Noch vor der Anklageverlesung stellte S.’s Anwältin Ricarda Lang einen Antrag, der auf eine mögliche Befangenheit der Richter abzielte. Konkret wollte die Verteidigung unter anderem wissen, ob die Berufs- und Laienrichter an Kundgebungen der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung oder anderer rechter Organisationen teilgenommen habe und ob sie Sympathisanten beziehungsweise Mitglieder der AfD sind. Eine weitere Frage betraf die Einstellung zu Flüchtlingen.

Lang sagte zur Begründung, ihr Mandant müsse wissen, ob ihm die Richter "unbefangen gegenüberstehen". "Er entspricht dem erklärten Feindbild der Menschen, die die AfD und ähnliche Organisationen unterstützen", sagte Lang. Die Entscheidung über diesen Antrag stellte das Gericht zunächst ebenso zurück wie über die beantragte Einstellung des Verfahrens.

Verhandelt wird im Oberlandesgericht in Dresden. Das Landgericht Chemnitz hatte dies mit dem großen öffentlichen Interesse und den Sicherheitsanforderungen begründet. Bislang sind Prozesstermine bis Ende Oktober anberaumt.

Die Gewalttat hatte in Chemnitz eine Reihe ausländerfeindlicher Demonstrationen und teils gewaltsame Ausschreitungen von Rechtsextremen ausgelöst, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten. Auch die AfD und Pegida hatten versucht, den Fall für ihre politischen Zwecke zu missbrauchen.

(M.Dylatov--DTZ)

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