
Nato demonstriert Einigkeit und sieht in Russlands Auftreten ein Sicherheitsrisiko

Zum 70. Jahrestag der Nato-Gründung haben die 29 Mitgliedstaaten Einigkeit demonstriert und das Auftreten Russlands scharf kritisiert. "Die regelbasierte internationale Ordnung wird in Frage gestellt", hieß es am Donnerstag in der Abschlusserklärung des Treffens der Nato-Außenminister in Washington. Als eines der größten Sicherheitsrisiken wurde das "aggressivere" Verhalten Russlands genannt. Auch die Lastenverteilung innerhalb der Allianz und die Kritik am deutschen Verteidigungsbudget bestimmten die Debatten.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte das "aggressive Vorgehen" Russlands im Schwarzen Meer, wo es zu Konfrontationen mit ukrainischen Marineschiffen gekommen war, und die Verletzung des INF-Abrüstungsvertrags mit den USA. Zugleich stellte er "unseren engen Partnern Georgien und Ukraine" neue Unterstützungsmaßnahmen in Aussicht.
Außenminister Heiko Maas (SPD) betonte, es müsse gegenüber Russland eine "Doppelstrategie" gefahren werden: Einerseits müsse der Druck aufrecht erhalten werden und von Russland die Freilassung der ukrainischen Seeleute sowie die Freigabe der Schiffe gefordert werden. Andererseits müsse auch weiter der Dialog mit Moskau gesucht werden, "denn wir werden nur im Dialog zu einer Lösung kommen".
Ein weiteres großes Thema der Außenministerberatungen war der internationale Terrorismus. Auch wenn die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) über "kein eigenständiges Gebiet" mehr verfüge, blieben noch zahlreiche Herausforderungen, sagte Maas.
US-Außenminister Mike Pompeo mahnte, die Nato müsse sich für viele "heraufziehende Bedrohungen" bereit machen. Dazu zählte er neben "russischer Aggression" unter anderem auch Cyberangriffe, Bedrohungen der Energiesicherheit sowie das Vorgehen Chinas.
Getrübt wurde das Jubiläumstreffen vom Streit über das deutsche Verteidigungsbudget und türkische Rüstungsgeschäfte mit Russland. Maas bekräftigte ein ums andere Mal, dass der deutsche Verteidigungshaushalt bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werde. Die Nato-Mitglieder haben sich allerdings seit langem darauf verständigt, dass die Quote zu diesem Zeitpunkt bei zwei Prozent liegen solle.
Pompeo sagte, es sei jetzt "nicht der richtige Moment, um die immer gleichen Entschuldigungen zu wiederholen, wonach unsere Bürger höhere Verteidigungsausgaben nicht unterstützen". Jedes Nato-Mitglied sei "verpflichtet", den eigenen Bürgern die Sache zu erklären.
Stoltenberg mahnte und lobte Deutschland gleichermaßen. Das Land sei in der Nato sehr engagiert, etwa als eine "führende Nation" beim Afghanistan-Einsatz. Berlin habe auch finanziell schon "Fortschritte" gemacht und die Verteidigungsausgaben hochgefahren. "Aber natürlich erwarte ich mehr von den Bündnismitgliedern", sagte Stoltenberg.
Zum Abschluss resümierte Maas, das Treffen in Washington sei "außerordentlich gut und erfolgreich" gewesen. Die Diskussion über die Lastenverteilung sei "sehr sachlich" geführt worden. Er habe noch einmal betont, dass Deutschland sich an seine Zusagen halte. Jedoch werde der Druck auf Berlin in dieser Frage sicherlich "nicht nachlassen".
Nicht auf der offiziellen Tagesordnung stand am Donnerstag der Streit zwischen den USA und der Türkei über die Pläne Ankaras, das russische S-400-Luftabwehrsystem zu kaufen. Die USA drohen damit, die Türkei von der Teilnahme am Bau des F-35-Kampfjets auszuschließen, wenn das Geschäft mit Moskau nicht abgesagt wird.
Die Türkei lehnt dies ab. Maas sagte dazu, er habe nicht den Eindruck, "dass an diesem Deal noch etwas zu ändern sein wird".
(U.Beriyev--DTZ)