
Allparteienkonferenz zur Zukunft Libyens soll trotz neuer Kämpfe stattfinden

Trotz der Offensive der Libyschen Nationalen Armee (LNA) auf Tripolis soll die für Mitte April angesetzte Allparteienkonferenz zur Zukunft Libyens wie geplant stattfinden. Das erklärten die Vereinten Nationen am Samstag. Russlands Außenminister Sergej Lawrow rief zu einem "nationalen Dialog" auf. Unterdessen wurden die LNA-Truppen bei ihrem Vormarsch Richtung Tripolis nach eigenen Angaben aus der Luft angegriffen.
Die Vereinten Nationen seien "entschlossen", die Konferenz auszurichten, "es sei denn, größere Umstände hindern uns daran", sagte der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, vor Journalisten in Tripolis. Es gehe darum, "abseits jeder Eskalation den Erfolg des politischen Verfahrens zu garantieren", fügte Salamé hinzu. Lawrow sagte in Kairo, es müsse in Libyen einen "nationalen Dialog" ohne "künstliche Fristen" geben. Russland stehe mit allen politischen Kräften in Libyen in Kontakt, unterstütze aber keine von ihnen, betonte der russische Außenminister.
Die Vereinten Nationen hatten die Konferenz Ende März angekündigt, um die Krise in dem nordafrikanischen Land zu überwinden. Zwischen 120 und 150 Delegierte sollen vom 14. bis zum 16. April in der Stadt Ghadames Termine für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen festlegen.
Unterdessen wurden die Einheiten des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar bei ihrem Vormarsch auf Tripolis erstmals aus der Luft angegriffen. Nach LNA-Angaben erfolgte der Angriff etwa 50 Kilometer südlich der Hauptstadt.
Der Angriff sei in der Region Al-Asisija erfolgt, das Flugzeug sei in der westlibyschen Stadt Misrata gestartet, teilten die Truppen Haftars mit. Die in Misrata stationierten Truppen sind überwiegend loyal zur international anerkannten Regierung der Nationalen Einheit in Tripolis.
Haftars Truppen hatten ihre Offensive auf Tripolis begonnen, während UN-Generalsekretär Antonio Guterres sich in Libyen aufhielt. Nach Einschätzung von Tarek Megerisi, politischer Analyst beim Europarat, versuchte Haftar damit, ein Zeichen der Stärke zu setzen. Guterres hatte sich am Freitag mit Haftar getroffen und danach gesagt, der Anführer der LNA wolle die Offensive nicht unterbrechen. Der UN-Sicherheitsrat und die Außenminister der G7-Staaten riefen Haftar auf, die Kämpfe einzustellen.
In den vergangenen Jahren hat die LNA eine ganze Reihe von Orten und Regionen in Libyen unter ihre Kontrolle gebracht. Dazu gehörten unter anderem die Städte Bengasi und Derna. Das "Schweigen der internationalen Gemeinschaft, ... vor allem bei seiner Expansion in Richtung Süden" habe Haftar in seinem Vorgehen ermutigt, sagte Megerisi.
Ob dem LNA-Anführer auch die Eroberung von Tripolis gelingt, bezweifelt der Analyst allerdings. Haftar sei "nicht so stark, wie er glaubt", sagte Megerisi. Zudem sei die LNA keine Armee im traditionellen Sinne, sondern eine "schwache Verbindung verschiedener Milizen", die religiöse, regionale oder Stammesinteressen verfolgten.
In der Nähe von Tripolis hatten sich regierungstreue Milizen am Freitag schwere Gefechte mit Haftars Truppen geliefert. Dabei hatten die LNA-Truppen vorübergehend den zerstörten Flughafen der Stadt erobert, bevor sie nach Regierungsangaben zurückgeschlagen wurden.
Seit dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in Libyen Chaos. Die sogenannte Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Zahlreiche Milizen haben sich im Land ausgebreitet und sind auf verschiedene Weise mit der Einheitsregierung in Tripolis oder der Gegenregierung im Osten verbündet.
(I.Beryonev--DTZ)