
Merkel unter Bedingungen zu längerem Aufschub des Brexit bereit

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zu einem längeren Aufschub des Brexit-Datums bereit, stellt dafür aber Bedingungen. Der britische EU-Austritt könne auch über die von Großbritannien erbetene Fristverlängerung bis zum 30. Juni hinaus verschoben werden, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag. Dabei könne es "durchaus um mehrere Monate" gehen.
Bei einem längeren Verbleib Großbritanniens in der EU müsse aber sichergestellt sein, "dass die europäischen Institutionen weiterhin ordnungsgemäß funktionieren können". Großbritannien müsse sich dann an der Europawahl beteiligen und die Bereitschaft zeigen, "bei Entscheidungen konstruktiv mitzuwirken", sagte sie weiter.
Die Verschiebung des Austritts solle nicht unbegrenzt sein, sagte Merkel. "Ich glaube, dass die Verlängerung so kurz wie möglich sein sollte." Sie sollte aber "ein bisschen Ruhe" bei der Planung des weiteren Austrittsverfahrens ermöglichen, damit die EU sich "nicht alle zwei Wochen mit dem Thema befassen" müsse.
Merkel verwies darauf, dass es vom Zeitpunkt ihrer Rede vor dem Bundestag "nur noch knapp 59 Stunden Zeit" gebe, "um gemeinsam einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu verhindern". Für die Bundesregierung gelte, "dass ein solches Szenario nicht in unserem Interesse ist".
Am Abend wollen die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Staaten auf einem Sondergipfel in Brüssel über den britischen Wunsch nach einem Aufschub des Brexit-Datums vom 12. März auf den 30. Juni beraten. Merkel sagte dazu: "Es kann gut sein, dass es eine längere Verlängerung gibt." Eine Verlängerung könnte so ausgestaltet sein, dass Großbritannien jederzeit austreten könne, wenn das Unterhaus dem Austrittsabkommen mit der EU doch noch zustimmt.
Sie verwies auf die Gespräche zwischen den regierenden Konservativen von Premierministerin Theresa May und der Labour-Opposition. "Ich bin der Meinung, dass wir den beiden Parteien ein vernünftiges Maß an Zeit geben sollen", sagte Merkel. "Die Bundesregierung ist weiterhin sehr an einem geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU interessiert."
Merkel kündigte an, sich vor Beginn des Brüsseler Gipfels am Abend mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu treffen.
Frankreich empfahl am Mittwoch, den Druck auf Großbritannien aufrecht zu erhalten. Bei dem Sondergipfel sei eine Entscheidung über eine lange Verschiebung nicht zwingend, sagte ein Diplomat in Brüssel. Wenn May in Brüssel keine ausreichenden "Klarstellungen" zum weiteren Vorgehen liefere, "müssen wir den Druck aufrecht erhalten und ein anderes Datum finden" für den Beschluss über eine mögliche lange Verschiebung.
Wenn es zu einer deutlichen Verlängerung komme, müsse es "sehr strikte Bedingungen" der EU dafür geben, sagte der Diplomat weiter. Die Briten dürften in der Verlängerungsphase "das gute Funktionieren der EU nicht bremsen". Es müsse "Verpflichtungen" geben, dass London Entscheidungen, bei denen Einstimmigkeit nötig sei, nicht verhindern könne.
(I.Beryonev--DTZ)