
May ringt wieder um Brexit-Kompromiss - und um ihren Posten

Nach der Osterpause ringt die britische Regierungschefin Theresa May wieder um einen Kompromiss für ihr Brexit-Abkommen - und um ihren Posten. Sie wollte am Dienstag die Gespräche mit der oppositionellen Labour-Partei wieder aufnehmen. Der britischen Regierung bleibt nur noch ein Monat Zeit für eine Einigung, um eine Teilnahme an der Europawahl zu vermeiden.
Bei den Gesprächen mit der Opposition werde "Bilanz gezogen", sagte Vize-Regierungschef David Lidington der BBC. Sollte sich keine Lösung abzeichnen, werde die Regierung dem Parlament eine Reihe von Optionen für den Brexit vorlegen. Der Vorschlag werde das Parlament "zwingen, die bevorzugte Option zu wählen, anstatt gegen alles zu stimmen", sagte Lidington. Bei einer Reihe von Probeabstimmungen im März und im April hatten die Abgeordneten sämtliche Alternativvorschläge zu Mays Brexit-Abkommen abgelehnt.
Den von May mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag hatten die Abgeordneten bereits drei Mal abgelehnt, auch wegen des hohen Widerstands bei ihren konservativen Tories. May musste deshalb bereits zwei Mal eine Verschiebung des EU-Austritts Großbritanniens beantragen. Ursprünglich war der Brexit für den 29. März vorgesehen, dann für den 12. April. Derzeit gilt eine "flexible" Verschiebung bis zum 31. Oktober, der den Briten auch einen Austritt vor diesem Termin ermöglicht.
Während May einen Rückzug aus der Zollunion und aus dem europäischen Binnenmarkt anstrebt, damit Großbritannien seine Handelsbeziehungen und seine Einwanderungspolitik selbst in die Hand nehmen kann, will die Labour-Partei unter Jeremy Corbyn enger an die EU gebunden bleiben.
May steht aber auch innerhalb ihrer eigenen konservativen Partei weiter massiv unter Druck. Das Komitee 1922, das sich mit der internen Organisation der Partei befasst, wollte Medienberichten zufolge am Montag über die Ablösung Mays beraten. Die Premierministerin hatte einen Rücktritt angeboten, wenn ihr Abkommen im Parlament Rückendeckung bekommt. Hardliner in ihrer Partei fordern jedoch einen schnellen Abgang und ein konkretes Datum.
Angesichts der "lächerlichen Aussicht auf (Europa-)Wahlen" müsse die Premierministerin noch am Dienstag eine Erklärung abgeben, forderte der Abgeordnete Nigel Evans in der BBC. Dann könnte "sofort" das Prozedere in Gang gesetzt werden, die Parteichefin auszutauschen. Sollte May sich weigern, würden mehrere Abgeordnete dies einfordern.
Das Komitee 1922 müsste allerdings zunächst sein Regelwerk ändern. May hatte im Dezember ein Misstrauensvotum ihrer Partei überstanden, womit die Konservativen ihre Führung zwölf Monate lang nicht mehr in Frage stellen dürfen. Das Komitee könnte den Zeitrahmen von zwölf auf sechs Monate und damit auf den 12. Juni verkürzen.
Derweil liefen die Vorbereitungen auf die Europawahl auf Hochtouren. Während der Europa-Gegner Nigel Farage Mitte April den Europawahlkampf seiner Brexit-Partei startete, wollte am Dienstag die pro-europäische Partei Change UK ihre Kandidatenliste vorstellen. In der Partei haben sich frühere Mitglieder von Tories und der Labour-Partei organisiert.
(V.Korablyov--DTZ)