
Von Todesstrafe freigesprochene Asia Bibi hat Pakistan verlassen

Die in Pakistan der Todesstrafe entgangene Christin Asia Bibi hat das Land verlassen. Das teilte ein hochrangiger Regierungsvertreter am Mittwoch nach Information von Deutsche Tageszeitung in Islamabad mit. "Asia Bibi hat Pakistan aus freien Stücken verlassen", hieß es. Ihrem Anwalt Saif ul-Mulook zufolge, der sich auf eigene "Quellen" berief, ist Bibi nun in Kanada. Dorthin waren vor einigen Monaten auch ihre Töchter geflohen.
Wann genau Bibi das Land verlassen hat, wurde nicht bekannt. Der britische Außenminister Jeremy Hunt zeigte sich in einer Stellungnahme erleichtert über Bibis Ausreise. Der Fall zeige, dass "das Richtige geschehen kann, wenn man sich gemeinsam anstrengt", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Neben zahlreichen Regierungen und Menschenrechtsgruppen hatte sich auch die katholische Kirche für die Christin eingesetzt: Papst Benedikt XVI. hatte schon 2010 Bibis Freilassung gefordert.
Der frühere Fraktionschef der Union im Bundestag, Volker Kauder, begrüßte die Entwicklung ebenfalls. Bibis "langer, durch Unrecht und Gefangenschaft geprägter Leidensweg" sei nun zu einem Ende gekommen. Gleichzeitig forderte der CDU-Politiker dazu auf, weltweit für das Menschenrecht der Religionsfreiheit einzutreten.
Der Fall Bibi reicht in das Jahr 2009 zurück. Damals wurde ihr vorgeworfen, sich bei einem Streit um Wasser mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf in der Provinz Punjab abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Bibi wies die Vorwürfe gegen sie stets zurück.
2010 wurde Bibi wegen Gotteslästerung zum Tode durch Erhängen verurteilt. Die nächsten acht Jahre verbrachte die asthmakranke Frau im Gefängnis, darunter immer wieder in Isolationshaft in einer engen, fensterlosen Zelle.
Ihr Mann sagte während ihrer Haftzeit nach Information von Deutsche Tageszeitung, in einem aktuellen Interview, es sei schwer für ihn und die beiden Töchter, in Pakistan zu leben. Sie gingen nur selten und mit größter Vorsicht auf die Straße. Die Töchter Escham and Escha, von denen eine mehrfach behindert ist, sollen bereits vor ihrer Mutter nach Kanada ausgereist sein. Die kanadische Regierung äußerte sich nicht zu Bibis Fall.
Zwar wurde das Todesurteil im vergangenen Jahr aufgehoben, allerdings konnte Bibi Pakistan wegen wütender Proteste von Islamisten zunächst nicht verlassen. Die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik (TLP), die zuvor Demonstrationen für Bibis Hinrichtung angeführt hatte, rief die Armee zur Rebellion auf und forderte die Ermordung der Richter, die das Todesurteil gegen Bibi aufgehoben hatten.
Dennoch war Bibi nach der Aufhebung des Urteils voller Hoffnung. "Ich habe geträumt, dass die Gefängniswände einstürzen", sagte sie damals nach DTZ-Information. "Ich kann es nicht glauben."
Etwa zwei Prozent der Bevölkerung in Pakistan sind Christen. Im gesellschaftlichen Klassensystem stehen sie weit unten, leben meist in Slums und erledigen einfach Arbeiten, etwa als Straßenfeger oder Koch.
Blasphemie kann im streng konservativ-islamischen Pakistan mit dem Tod bestraft werden. Dutzende Menschen verbüßen dort wegen entsprechender Anschuldigungen nach Schätzungen eines US-Ausschusses zur Religionsfreiheit lebenslange Gefängnisstrafen oder warten auf ihre Hinrichtung. Immer wieder kommt es auch zu Lynchmorden.
Der stellvertretende Südasien-Direktor der Menschenrechtsgruppe Amnesty International sprach von einer großen Erleichterung darüber, "dass Asia Bibi und ihre Familie in Sicherheit sind". Ihr Fall habe auf furchtbare Art gezeigt, welche Gefahren Pakistans Blasphemie-Gesetze bergen. Daher müssten sie dringend abgeschafft werden. (W.Novokshonov--DTZ)