
Teilausstieg des Iran aus Atomabkommen löst international Sorge aus

Der Iran hat einen Teilausstieg aus dem internationalen Atomabkommen verkündet und den Vertragsparteien ein Ultimatum gesetzt. Der Iran werde einigen der Auflagen nicht mehr nachkommen und behalte sich weitere Maßnahmen vor, sollten die verbliebenen Unterzeichner des Abkommens nicht binnen 60 Tagen ihre Zusagen einhalten, gab Teheran am Mittwoch bekannt. Der Schritt erfolgt inmitten verschärfter US-Rhetorik gegenüber dem Iran und schürt die Furcht vor einer neuen Eskalation des Konflikts.
Konkret wird der Iran nach eigenen Angaben die geltenden Beschränkungen bei den Beständen an angereichertem Uran und Schwerwasser aufheben. "Die Islamische Republik Iran sieht sich derzeit nicht verpflichtet, den Beschränkungen bei der Lagerung von angereichertem Uran und Schwerwasserreserven nachzukommen", teilte der Nationale Sicherheitsrat mit.
Sollten überdies die im Vertrag verbliebenen Parteien Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Russland ihre Zusagen "insbesondere im Öl- und Bankensektor" nicht binnen 60 Tagen wieder einhalten, werde der Iran auch den Beschränkungen bei der Urananreicherung nicht mehr nachkommen und den Bau des Schwerwasserreaktors in Arak fortsetzen, drohte Staatschef Hassan Ruhani bei einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung. Sollte binnen 120 Tagen kein Ergebnis vorliegen, werde der Iran weitere Maßnahmen ergreifen.
Mit den Auflagen aus dem Atomabkommen soll sichergestellt werden, dass der Iran nicht genug hochangereichertes Uran zum Bau einer Atombombe bekommt. Ruhani betonte, das Ultimatum diene der Rettung des Atomdeals nach dem einseitigen Ausstieg der USA vor genau einem Jahr. Ziel sei es nicht, das Abkommen "zu zerstören". Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte dem Staatsfernsehen, Teherans Vorgehen verstoße nicht gegen den Atomvertrag, den der Iran nach Angaben von UN-Inspektoren bislang strikt einhielt.
Die USA reagierten zurückhaltend auf den iranischen Vorstoß. Teherans Ankündigung sei "absichtlich zweideutig" gehalten, sagte US-Außenminister Mike Pompeo bei einem Besuch in London. Bevor die US-Regierung über eine Reaktion entscheide, "müssen wir abwarten, wie Irans Aktionen tatsächlich aussehen." Er sei "zuversichtlich", "dass das Vereinigte Königreich und unsere europäischen Partner zusammen vorgehen, um sicherzustellen, dass der Iran keinen Zugang zu einem Atomwaffensystem hat", sagte Pompeo.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, er habe die Ankündigungen des Irans "mit großer Sorge vernommen". Er bekräftigte den Willen der Bundesregierung, an dem Abkommen festzuhalten. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Berlin verlange eine "vollständige Umsetzung auch vom Iran". Deutschland und Irans Vertragspartner seien am Erhalt des Abkommens interessiert und hielten sich "vollumfänglich" an ihre Verpflichtungen.
Frankreich schloss derweil neue EU-Sanktionen angesichts der neuen Haltung in Teheran nicht aus. Die britische Regierung rief den Iran auf, eine weitere Eskalation zu verhindern und warnte ebenfalls vor "Konsequenzen", falls sich das Land nicht an seine Zusagen halten sollte.
Irans Außenminister Sarif warf seinerseits den europäischen Vertragspartnern Deutschland, Frankreich und Großbritannien vor, "nicht einer ihrer Verpflichtungen" aus dem Abkommen nachgekommen zu sein.
US-Präsident Donald Trump hatte nach seiner einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder eingeführt. Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchten daraufhin, den Atomvertrag durch einen Handelsmechanismus zur Umgehung der US-Sanktionen zu retten. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei nannte den Versuch jedoch einen "bitteren Scherz".
US-Außenminister Pompeo war am Dienstagabend zu einem kurzfristig angesetzten Besuch nach Bagdad gereist - seinen geplanten Besuch in Berlin strich er dafür. Im Irak sprach er dann von einem "unmittelbar bevorstehenden" Angriff des Iran auf US-Truppen. Zuvor hatten die USA mehrere B-52-Langstreckenbomber sowie einen Flugzeugträger in die Region verlegt.
Russland prangerte den "Druck" der USA auf den Iran als "unzumutbar" an. Dies habe in Teheran "ärgerliche Maßnahmen hervorgerufen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland setze sich weiter für den Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran ein. Auch China forderte alle am Atomdeal beteiligten Parteien auf, den Vertrag aufrechtzuerhalten.
(W.Novokshonov--DTZ)