Bundesregierung beschließt Grundsteuer-Reform im Schnellverfahren
Unter erheblichem Zeitdruck hat die Bundesregierung eine Reform der Grundsteuer beschlossen. Die Vorlage sei im schriftlichen Umlaufverfahren vom Kabinett gebilligt worden, teilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Berlin mit. Der Bundestag soll den Entwurf kommende Woche erstmals beraten, bis Jahresende soll das Gesetz inklusive der erforderlichen Grundgesetzänderungen verabschiedet sein. Auf die Bürger wird sich die Reform unterschiedlich auswirken - manche werden mehr Grundsteuer zahlen müssen, andere weniger.
Die Reform der Grundsteuer war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung verworfen hatte. Die Zeit drängte, denn nur wenn bis zum Jahresende eine Reform beschlossen ist, darf die alte Grundsteuer noch bis 2024 weiter erhoben werden. Andernfalls wäre die Abgabe, die mit rund 14 Milliarden Euro jährlich eine zentrale Geldquelle der Kommunen ist, komplett weggefallen.
Der Koalitionsentwurf sorge nun für eine "unbürokratische, faire und verfassungsfeste Grundsteuer, wie es das Verfassungsgericht verlangt hat", erklärte Scholz. "Städte und Gemeinden können weiterhin auf diese wichtige Einnahme bauen", erklärte der Minister. "Das ist eine gute Nachricht." Die Steuerzahler würden "insgesamt nicht höher belastet".
Die Kabinettsbefassung wich wegen des Zeitdrucks vom üblichen Verfahren ab. Normalerweise werden solche Entwürfe in der Kabinettssitzung verabschiedet, die jeden Mittwoch stattfindet. Da die Regierung den Entwurf in der kommenden Woche aber schon an den Bundestag weiterleiten will, wurde die Zustimmung der anderen Ressorts schriftlich eingeholt - sie mussten bis Freitagnachmittag ihre Stellungnahmen einreichen.
Die Koalitionsspitzen hatten am Wochenende das neue Modell für die Grundsteuer beschlossen. Die Einigung sah vor, dass jedes Bundesland eine eigene Berechnungsweise einführen darf. Dies hatte insbesondere die CSU gefordert. Diese Öffnungsklausel ist in dem beschlossenen Entwurf erhalten. Dafür muss das Grundgesetz geändert werden, was Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat erforderlich macht.
An der Vorlage des Bundesfinanzministeriums für ein wertabhängiges Modell zur Berechnung der Grundsteuer gab es viel Kritik aus der Union. Der Einigung im Koalitionsausschuss zufolge bleibt es nun grundsätzlich bei diesem Modell, einzelne Länder sollen davon aber abweichen können - Bayern will dies tun.
Das neue Grundsteuergesetz muss bis zum 31. Dezember 2019 im Gesetzblatt stehen. Dann werden die Behörden fünf Jahre Zeit haben, die nötigen statistischen Daten zu erheben und die Werte der Grundstücke zu ermitteln. Die neu berechnete Grundsteuer würde dann ab dem 1. Januar 2025 zu zahlen sein.
Die künftige Höhe der individuellen Grundsteuer kann laut Finanzministerium "heute noch nicht benannt werden, da zunächst die Werte der Grundstücke und statistischen Miethöhen festgestellt werden müssen". Es werde "vermutlich noch einige Jahre dauern, bis die konkrete Höhe der jeweiligen künftigen Grundsteuer feststeht".
Die geplante Reform wird einen erheblichen bürokratischen Aufwand erfordern. In den kommenden fünf Jahren sollen bundesweit 2200 Mitarbeiter der Finanzämter in Vollzeit mit der Erfassung von Immobilien und Grundstücken befasst sein, heißt es in dem Entwurf. Dies führe zu Gesamtpersonalkosten in Höhe von rund 462 Millionen Euro.
Hinzu komme ein Aufwand für Leitungsfunktionen, der Personalkosten in Höhe von rund 76 Millionen Euro verursachen werde. Insgesamt müssten 32 Millionen Wohnimmobilien und vier Millionen unbebaute Grundstücke erfasst werden.
Erhoben wird die Grundsteuer auf den Grundbesitz, also Grundstücke und Gebäude. Gezahlt wird sie grundsätzlich von den Eigentümerinnen und Eigentümern. Im Falle der Vermietung kann die Grundsteuer über die Betriebskosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden.
(A.Nikiforov--DTZ)