Iran bekräftigt Drohung zu schrittweisem Rückzug aus Atomabkommen
Im erbitterten Konflikt mit den USA hat der Iran seine Drohung bekräftigt, ab Anfang Juli weitere Bestimmungen des internationalen Atomabkommens nicht länger einzuhalten. Der Iran habe genug von der "Unverschämtheit" der Europäer, die ihn zur Einhaltung des Vereinbarung drängten, ohne ihren Teil zu erfüllen, erklärte der Vorsitzende von Irans Nationalem Sicherheitsrats am Dienstag. Das Verhandlungsangebot der USA wies Teheran als unglaubwürdig zurück, nachdem Washington neue Sanktionen verhängt hatte.
Irans Präsident Hassan Ruhani hatte am 8. Mai bereits angekündigt, nicht länger die vereinbarte Begrenzung der Menge an angereichertem Uran und schwerem Wasser einzuhalten. Er warnte am Jahrestag der Kündigung des Atomabkommens durch US-Präsident Donald Trump zudem, dass Teheran weitere Maßnahmen ergreifen werde, sollten ihm die anderen Vertragspartner nicht binnen 60 Tagen entgegenkommen.
Der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani, erklärte nun laut der Nachrichtenagentur Fars, der Iran werde am 7. Juli mit Entschlossenheit den zweiten Schritt tun. Damit wolle er allen Ländern zeigen, die seine "Geduld" für "Schwäche" gehalten hätten, dass er mit der selben Entschlossenheit auf Versuche zur Einschränkung seiner nationalen Rechte reagieren werde wie auf die Aggression der US-Drohne.
Der Iran hatte vergangene Woche eine US-Aufklärungsdrohne abgeschossen, die seinen Luftraum über dem Golf von Oman verletzt haben soll. Der Vorfall brachte die beiden Länder an den Rand eines Krieges. Erst in letzter Minute stoppte Trump einen Vergeltungsangriff, da dieser nicht verhältnismäßig gewesen wäre. Stattdessen ordnete er laut US-Medienberichten einen Cyberangriff auf iranische Militäranlagen an.
Zusätzlich verhängte Trump am Montag neue Sanktionen gegen Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei und kündigte Strafmaßnahmen gegen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif an. Das iranische Außenministerium warf ihm daraufhin vor, "den diplomatischen Weg dauerhaft zu schließen". Ruhani sagte, die USA würden mit den Sanktionen ihr eigenes Angebot von Verhandlungen "Lügen" strafen.
Russland warf den USA einen "fahrlässigen Kurs" vor. Sie wollten mit den neuen Sanktionen "jene bestrafen, die sich nicht dem Diktat Amerikas unterwerfen", erklärte das Außenministerium in Moskau. Es bestehe der Eindruck, dass die USA "Brücken verbrennen" würden. Sie drohten, "nicht nur den Mittleren Osten zu destabilisieren, sondern das gesamte System internationaler Sicherheit zu untergraben".
Trump verfolgt seit vergangenem Jahr eine Politik des "maximalen Drucks" gegen den Iran und hat die Finanz- und Handelssanktionen gegen Teheran immer weiter verschärft. Zugleich hat er Teheran Verhandlungen ohne Vorbedingungen angeboten. Chamenei erteilte jedoch Gesprächen eine Absage, da Trumps einseitige Kündigung des Atomabkommens im Mai 2018 gezeigt habe, dass den USA nicht zu trauen sei.
Frankreich warnte den Iran am Dienstag vor einem "schweren Fehler", sollte das Land das Atomabkommen verletzen. Ein solcher Schritt wäre "eine schlechte Antwort auf den Druck der Vereinigten Staaten", sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian in Paris. Frankreich werde Teheran gemeinsam mit Deutschland und Großbritannien verständlich machen, dass dies nicht im Interesse des Iran wäre, betonte er.
Der Iran hatte trotz des Vertragsbruchs der USA zunächst an dem Atomabkommen festgehalten, obwohl es nicht den erhofften wirtschaftlichen Nutzen brachte. Durch den schrittweisen Rückzug aus dem Atomabkommen erhöht der Iran nun den Druck auf die Europäer, mehr zu seiner Rettung zu tun. Diese wollen zwar am Abkommen festhalten, doch haben sich die meisten ihrer Firmen aus dem Iran zurückgezogen.
Am Mittwoch wollte der UN-Sicherheitsrat über die Umsetzung des Atomabkommens beraten. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dem Iran seit 2015 immer wieder bescheinigt, alle Bestimmungen einzuhalten. Ab Donnerstag wird der Iran aber voraussichtlich die vereinbarte Menge niedrig angereicherten Urans überschreiten. Aus höher angereichertem Uran können Atomwaffen produziert werden.
(A.Nikiforov--DTZ)