Verdächtiger im Mordfall Lübcke legt Geständnis ab
Geständnis im Mordfall Walter Lübcke: Der Verdächtige hat nach Darstellung von Generalbundesanwalt Peter Frank zugegeben, die Tat vorbereitet und durchgeführt zu haben. Der mutmaßliche Täter handelte nach eigenem Bekunden alleine, wie Frank am Mittwoch nach einer Sitzung des Bundestagsinnenausschusses sagte. Quer durch die Parteien wurden aber Zweifel an einer Einzeltäterschaft laut.
Ob es Helfer, Unterstützer oder Mitwisser gegeben habe, sei Gegenstand der weiteren Ermittlungen, sagte Frank. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte am Rande der Ausschussberatungen, mit dem Geständnis von Stephan E. sei die Aufklärung des "politischen Mordes" noch nicht abgeschlossen. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) war Anfang Juni erschossen worden.
Seehofer würdigte das Geständnis des Tatverdächtigen als Erfolg. Nun müsse die Angelegenheit weiter ermittelt werden. Insbesondere bei der Opposition und der SPD gibt es Zweifel, ob Stephan E. tatsächlich im Alleingang gehandelt hat oder in Verbindung mit einem rechtsextremen Netzwerkes gehandelt hat. Die angebliche Einzeltäterschaft sei eine "Schutzbehauptung", kritisierte die Linken-Abgeordnete Martina Renner.
"Nun ist eindeutig bestätigt, dass wir einen rechtsextremen Hintergrund haben", sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic der Nachrichtenagentur AFP. Es müsse nun geklärt werden, in welche Netze E. eingebunden gewesen sei "und ob diese in den NSU eingebunden gewesen sind". Gegebenenfalls "müssen Teile der Geschichte zum NSU neu geschrieben werden".
"Einen zweiten NSU können wir uns nicht leisten", sagte auch der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka mit Blick auf die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrundes", die auch wegen Versäumnissen der Behörden lange Zeit unentdeckt geblieben war. Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Andrea Lindholz (CSU) sollen mögliche Bezüge zum NSU in den weiteren Ermittlungen geklärt werden.
Stephan E. soll Kontakte zur rechtsextremistischen Szene gehabt haben. Allerdings hatte ihn der Bundesverfassungsschutz seit 2009 nicht mehr intensiv auf dem Schirm, wie Behördenpräsident Thomas Haldenwang Teilnehmerkreisen zufolge räumte bei der Sitzung einräumte.
Es stelle sich die Frage, warum Stephan E. für längere Zeit vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwunden sei, sagte Lischka. Dies dürfe nicht deshalb geschehen, weil jemand keine Straftaten mehr begehe. Lischka kritisierte zudem, dass rechtsextremistische Gefährder vom Verfassungsschutz nicht so intensiv unter die Lupe genommen würden wie Islamisten. "Ich halte das nicht für angemessen."
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sprach von einer "anderen Dimension des Rechtsextremismus". Diesmal sei ein Repräsentant des Staates Ziel eines Anschlags gewesen.
Nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae stellt sich die Frage, ob der Rechtsextremismus eine neue Dimension erreicht habe und die richtigen Konsequenzen aus der NSU-Affäre gezogen worden seien.
Seehofer sagte, es gehe nunmehr auch darum, aus dem Mord die richtig Konsequenzen zu ziehen - nicht nur bei der Strafverfolgung, sondern auch bei der Prävention.
Die Bevölkerung könne ihren Beitrag leisten "indem sie sich klar von solchen Leuten distanziert" erklärte der Innenminister. "Mit Rechtsextremisten geht man keine Verbindungen ein, man gibt auch keine Sympathiebekundungen ab. Das ist für Demokraten eine roten Linie."
Am Mittwochnachmittag will sich auch das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium mit dem Mordfall Lübcke befassen. Der Innenausschuss wird sich voraussichtlich im August erneut mit dem Fall Lübcke befassen.
(I.Beryonev--DTZ)