Merkel mahnt zum Kampf gegen Rechtsextremismus
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in einer Fragestunde im Bundestag zum Kampf gegen Rechtsextremismus bekannt. Zugleich lehnte sie den Vorschlag ab, Rechtsextremen bestimmte Grundrechte zu entziehen. Artikel 18 des Grundgesetzes sei die "absolute Ultima Ratio", zu der es aber gar nicht erst kommen dürfe. Zu Beginn der Sitzung sprach Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) im Zusammenhang mit dem Mordfall Lübcke von "einem erschreckenden Ausmaß an rechtsextremistischer Gewalt".
Auf entsprechende Fragen von Abgeordneten der AfD und der FDP sagte Merkel, sie habe "nicht die Absicht, Grundrechte zu entziehen", sondern konzentriere sich auf "andere Aktivitäten im Kampf gegen den Rechtsextremismus". Die Kanzlerin hob hervor: "Der Kampf gegen Rechtsextremismus erfordert eine klare Abgrenzung vom Rechtsextremismus." Diese müsse im politischen Raum durchgesetzt werden. Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte vorgeschlagen, Rechtsextremen auf Grundlage von Artikel 18 bestimmte Grundrechte zu entziehen.
Eingangs gab Bundestagspräsident Schäuble eine Erklärung zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ab. Dieser sei ermordet worden, "weil er öffentlich für das eintrat, worauf unsere offene Gesellschaft aufbaut: für Anstand, Toleranz und Menschlichkeit". Der CDU-Politiker verurteilte zugleich "die Abgründe an Häme und Hass inmitten unserer Gesellschaft gegenüber denen, die in unserem Land Verantwortung übernehmen". Menschenfeindliche Hetze sei der Nährboden für Gewalt - "und wer ihn düngt, macht sich mitschuldig", mahnte Schäuble.
Auf die Frage eines AfD-Abgeordneten stellte sich Merkel demonstrativ hinter Bundespolizei und Bundeswehr. Sie wolle ein "klares Wort positiver Art" zu deren Arbeit sagen, erklärte sie unter Applaus im Plenum. Wenn es rechtsextreme Tendenzen gebe, werde dem "intensiv und entschieden nachgegangen", wies sie eine Äußerung von Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz zurück. Dieser hatte Teilen der Bundeswehr und der Polizei Sympathien für die AfD bescheinigt.
Zu Beginn der Fragestunde hatte Merkel über den vergangenen EU-Gipfel und den Streit um das Spitzenkandidatenprinzip berichtet sowie einen kurzen Ausblick auf den G-20-Gipfel in Osaka gegeben. Auf Nachfrage des früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) sprach sich die Kanzlerin für die Beibehaltung des Prinzips der Spitzenkandidaten auf EU-Ebene aus, räumte aber ein, dass die Situation sehr kompliziert sei.
Sie wünsche sich eine Lösung, die das Spitzenkandidatenverfahren "nicht ins Abseits stellt, aber die auch Europa handlungsfähig sein lässt", sagte die Kanzlerin. "Da müssen sich alle ein bisschen bewegen." In Bezug auf die Globalisierung betonte Merkel, dass "wir gut daran tun, immer auch die Interessen anderer zu bedenken". Denn wenn man "sich nur noch auf seine eigenen Interessen konzentriert, führt man ein Land in die Katastrophe, davon bin ich zutiefst überzeugt", sagte sie unter Applaus.
Während der mehr als eine Stunde dauernden Befragung schnitten die Abgeordneten aller Fraktionen eine breite Themenpalette an: vom Klimawandel über die Russland-Sanktionen, die Lage im Kosovo und der Pkw-Maut bis hin zum Tabakwerbeverbot und dem Einsatz von Glyphosat reichten die Fragen.
(U.Stolizkaya--DTZ)