Streit um Klimapolitik gefährdet G20-Gipfel in Osaka
Der Streit um die Klimapolitik droht die G20 tiefer zu spalten denn je. Am ersten Tag des Gipfels der führenden Industrie- und Schwellenländer war völlig offen, ob sich die Teilnehmer bis Samstag überhaupt auf eine gemeinsame Abschlusserklärung würden einigen können. Die Europäer widersetzten sich vehement den Versuchen der USA, den Text des Klimadokuments zu verwässern und Verbündete für ihren Sonderweg zu finden. Geprägt war der erste Gipfeltag zudem von zahlreichen bilateralen Treffen.
Nach Angaben aus dem Umfeld von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verständigten sich die Europäer beim G20-Gipfel darauf, angesichts eines als konfrontativ empfundenen Vorgehens der USA eine rote Linie zu ziehen: Demnach wollten sie keine Abschlusserklärung akzeptieren, die auf Betreiben Washingtons hinter der letzten G20-Erklärung zum Klimaschutz zurückbleibe.
Diesen Angaben zufolge versuchten die USA, drei bis vier Länder aus dem Block der übrigen 19 G20-Mitglieder herauszulösen und von einem Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen abzubringen und eine abgeschwächte Erklärung zum Klimaschutz durchzusetzen.
Die Europäer wollten "sehr vehement darauf bestehen, dass man einen solchen Text nicht akzeptieren kann", hieß es aus Macrons Umfeld. Dies sei das Ergebnis eines Koordinierungstreffens von sechs EU-Ländern - einschließlich Deutschlands - und der EU-Spitzen in Osaka.
Beim vorangegangenen G20-Gipfel in Buenos Aires hatten sich 19 der Teilnehmer in einer Abschlusserklärung dazu verpflichtet, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens umzusetzen. Eine neue Klimaerklärung im 19+1-Format wie in Buenos Aires sei für die Europäer akzeptabel, "aber eine Erklärung im Format 18+2 oder 17+3 ist nicht hinnehmbar", hieß es.
Der Gipfel in der japanischen Hafenstadt hatte am Freitagmorgen unter dem Eindruck wachsender politischer Spannungen und einer schwächer werdenden Weltwirtschaft begonnen. Themen waren der Zustand der globalen Wirtschaft, Handelsfragen, die Digitalisierung und der Klimaschutz.
Besondere Bedeutung kam den bilateralen Treffen der Staatenlenker am Rande zu. Dort ging es um die aktuellen Krisenherde. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe rief die Gipfelteilnehmer als Gastgeber zur Kompromissbereitschaft auf. "Wir sollten nach Gemeinsamkeiten suchen, anstatt unsere Differenzen herzuvorheben", sagte er zur Eröffnung.
US-Präsident Donald Trump hatte allerdings bei der Anreise nach Osaka zu einem Rundumschlag gegen G20-Partnerländer ausgeholt. Er kritisierte Gastgeber Japan wegen militärischer Schwäche, Deutschland wegen eines zu niedrigen Wehretats, China wegen seiner Handelspraktiken und Indien wegen zu hoher Zölle.
In Osaka trat der US-Präsident dann allerdings deutlich konzilianter auf. Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte er sie als "fantastische Frau" und als "Freundin". Eine ähnliche Behandlung erfuhr Russlands Präsident Wladimir Putin: Trump lobte bei einem bilateralen Treffen die "sehr sehr guten Beziehungen".
Mit besondere Spannung wird Trumps Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Samstag erwartet. Thema soll der Handelsstreit sein, der die Weltwirtschaft derzeit erheblich belastet. Beobachter halten es für möglich, dass Xi und Trump eine Wiederaufnahme der suspendierten Handelsgespräche vereinbaren.
Auch in der Iran-Politik zeigte sich Trump milde. "Wir haben viel Zeit", sagte er mit Blick auf eine Lösung des derzeitigen Konflikts. Er hoffe, dass der Konflikt sich letztlich beilegen lasse.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der ebenfalls an dem Gipfel teilnahm, zeigte sich pessimistisch. Das G20-Treffen finde "in einer Zeit großer politischer Spannungen statt", sagte er. Er erwarte "keine Durchbrüche" in wichtigen Streitfragen.
Der G20 gehören die 19 großen Industrie- und Schwellenländer sowie die EU an. Die G20-Länder stehen für zwei Drittel der Weltbevölkerung, 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und drei Viertel des Welthandels. Seit 2008 treffen sich die Staats- und Regierungschefs jährlich zu Gipfelberatungen.
(V.Sørensen--DTZ)