Fünf Länder sagen Aufnahme der Flüchtlinge von der "Sea-Watch 3" zu
Die italienische Regierung hat Zusagen von fünf europäischen Ländern erhalten, die 40 seit gut zwei Wochen auf dem Rettungsschiff "Sea-Watch 3" ausharrenden Migranten aufzunehmen. Außenminister Enzo Moavero teilte am Freitagnachmittag mit, diese Zusagen stammten von Finnland, Luxemburg, Portugal, Frankreich und Deutschland. Allerdings mussten die Migranten und die Besatzung zunächst weiter auf dem Rettungsschiff warten, das rund eine Seemeile vor der Mittelmeerinsel Lampedusa lag und nicht in den Hafen einlaufen durfte.
"Wir warten auf gesicherte Garantien", hieß es im italienischen Innenministerium zu den Aufnahmezusagen der fünf EU-Staaten. Diese müssten in "Zahlen, Zeiten und Mittel" übersetzt werden. Die Besatzung der "Sea-Watch 3" war unterdessen weiter von möglichen Geldstrafen und Beschlagnahmeaktionen bedroht, wie sie nach neuem italienischen Recht möglich sind. Zugleich erfuhr die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch eine breite Welle der Solidarität. Allein ein italienischer Aktivist sammelte über Facebook 240.000 Euro für eventuell entstehende Gerichtskosten.
Die Zahl der Migranten an Bord sank zuletzt von 42 auf 40 - ein 19-Jähriger, der an starken Schmerzen litt, konnte mit seinem jüngeren Bruder das Schiff verlassen. "Wir können nicht darauf warten, dass jeder einzelne Mensch ein medizinischer Notfall wird, bis Europa erkennt, dass sie grundlegende Rechte haben", erklärte die Kapitänin Carola Rackete. Das Schiff hatte am 12. Juni insgesamt 53 Menschen vor der Küste Libyens von einem Schlauchboot gerettet. Elf von ihnen, darunter Frauen, Kranke und Kinder, durften bereits in den vergangenen Tagen von Bord gehen.
Die 31-jährige deutsche Kapitänin hatte am Mittwoch trotz eines Verbots Italiens Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und Lampedusa angesteuert. Auf Anweisung der Polizei musste das Schiff aber rund eine Seemeile vor dem Hafen stoppen. Rackete gab an, sie wisse, was sie riskiere und sei bereit, für ihre Entscheidungen ins Gefängnis zu gehen.
Die Staatsanwaltschaft von Agrigent auf Sizilien leitete am Donnerstag gegen die Kapitänin ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Missachtung von Anweisungen eines italienischen Marineschiffs ein, nicht in die italienischen Hoheitsgewässer einzudringen.
Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega-Partei hatte erklärt, die Migranten dürften das Schiff nur verlassen, wenn andere europäische Länder sie aufnähmen. Zudem verlangte er die Festnahme der Besatzung und die Beschlagnahmung des Schiffes. Die "Sea-Watch 3" fährt unter niederländischer Flagge, die Rettungsorganisation hat ihren Sitz in Deutschland.
Salvini drohte, die Migranten bei ihrer Ankunft nicht offiziell registrieren zu lassen und sie in andere europäische Länder weiterzuschicken. Brüssel warnte Salvini, in diesem Fall würde die EU ein Strafverfahren gegen Italien einleiten.
Rackete sagte in einer Videoschalte mit Journalisten in Rom, die Lage an Bord sei "unglaublich angespannt" und verschlimmere sich. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, für die Aufnahme der Migranten in deutschen Städten zu sorgen. "In ganz Deutschland sind mehr als 60 Städte dem Bündnis ’Sichere Häfen’ beigetreten", sagte Roth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), forderte von Deutschland und anderen europäischen Ländern mehr Entgegenkommen gegenüber Italien. Länder entlang der EU-Außengrenzen, wie Italien, dürften mit der Herausforderung nicht allein gelassen werden, sagte sie dem RND. In den 16 Tagen seit Beginn des jüngsten Dramas um die "Sea-Watch 3" trafen nach den Statistiken des Innenministeriums in Rom rund 500 Migranten an den italienischen Küsten ein.
Zwischen Marokko und den Kanarischen Inseln kamen sechs Migranten ums Leben, als ihr Boot umkippte. Wie die marokkanischen Behörden am Freitag mitteilten, konnten bei dem Vorfall am Vortag zehn Insassen des Bootes gerettet werden.
(W.Novokshonov--DTZ)