Staats- und Regierungschefs hoffen auf Durchbruch in Streit um EU-Spitzenposten
Im Streit um die Vergabe von EU-Spitzenposten hoffen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf einen Durchbruch. Sie setzen am Dienstagvormittag in Brüssel ihren Sondergipfel zur Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und von drei weiteren EU-Spitzenvertretern fort. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber unterstrich im Vorfeld seine Ambitionen auf Junckers Nachfolge, zeigte sich zugleich aber kompromissbereit.
Der Sondergipfel war am Montag vertagt worden, nachdem sich die Teilnehmer trotz einer rund 18-stündigen Marathonsitzung nicht auf ein Gesamtpaket einigen konnten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Gemengelage "kompliziert", hofft aber nach eigenen Worten weiter auf einen Kompromiss. Neben dem Amt des Kommissionspräsidenten geht es um den EU-Ratsvorsitzenden, den EU-Außenbeauftragten und den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB).
Als Nachfolger für Juncker an der Kommissionsspitze ist unter anderem der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans im Gespräch. Der CSU-Politiker Weber, der kaum mehr Chancen auf den Posten hat, könnte im Gegenzug Präsident des EU-Parlaments werden.
Weber sagte am Montagabend im ZDF-"heute journal", die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament habe ihm "Rückendeckung" gegeben. Er sei sich allerdings "bewusst, dass es viele Widerstände" unter den europäischen Staats- und Regierungschefs gegen ihn gebe.
Das Ergebnis der Europawahl vom Mai, aus der die EVP als stärkste Fraktion im EU-Parlament hervorgegangen war, "muss sich jetzt in der Führung Europas widerspiegeln", betonte Weber. Zugleich zeigte er sich kompromissbereit: "Ich strecke die Hand aus." Im Zuge der Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs wird die Möglichkeit ausgelotet, dass Weber den Vorsitz über das EU-Parlament übernimmt.
Auf diesen Posten bewirbt sich auch die deutsche Grünen-Politikerin Ska Keller. Die Grünen-Fraktion im EU-Parlament hat die 37-Jährige nominiert, wie eine Sprecherin am Montagabend in Straßburg mitteilte. Keller war in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit dem Belgier Philippe Lamberts Ko-Vorsitzende der Fraktion. Nach der Europawahl wurden beide im Amt bestätigt.
Das Europaparlament kommt am Dienstagvormittag in Straßburg zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Nach der Eröffnung durch den amtierenden Parlamentspräsidenten Antonio Tajani und einer kurzen Ansprache werden sich die Fraktionen zu Beratungen zurückziehen. Dabei geht es vor allem um die Wahl des neuen Parlamentspräsidenten, die am Mittwoch geplant ist.
Die frühere Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) kündigte derweil an, sich wolle Vizepräsidentin des EU-Parlaments werden. "Die Europäische Union hat ein Kommunikationsproblem und ich möchte dem EU-Parlament mehr Gehör verschaffen", sagte Barley dem Nachrichtenportal "Business Insider".
Sie glaube, dass sie dabei "einen starken Beitrag" leisten könne. Sie sei bereits Ministerin gewesen und habe Politik auf nationaler Ebene gestaltet. Barley war bei der Europawahl im Mai als Spitzenkandidatin angetreten und wechselt nun ins Europaparlament.
(V.Korablyov--DTZ)