Von der Leyen will mit EU-Parlament "Plan für Europas Zukunft " erarbeiten
Angesichts der Kritik an ihrer Nominierung als EU-Kommissionspräsidentin will sich Ursula von der Leyen (CDU) bei der Ausarbeitung ihres Programms eng mit dem Europaparlament abstimmen. Es sei ihr wichtig, "klugen Rat einzuholen", schrieb von der Leyen am Donnerstag auf Twitter. Sie plane, "allen Fraktionen zuzuhören und gemeinsam einen Plan für Europas Zukunft zu erarbeiten". EU-Ratspräsident Donald Tusk empfahl ihr die Aufnahme von Grünen in die neue Kommission.
Von der Leyen besuchte am Donnerstag erstmals seit ihrer Nominierung die EU-Kommission. Deren scheidender Präsident Jean-Claude Juncker bezeichnete sie danach auf Twitter als "echte Europäerin". Beide würden mit Blick auf Europa ähnliche Ansichten vertreten. Er wolle "Hand in Hand mit ihr zusammenzuarbeiten".
Einem Sprecher Junckers zufolge kann von der Leyen auf die Unterstützung Junckers und seiner Kommission zählen, "um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen". Am Nachmittag kam von der Leyen auch mit EU-Ratspräsident Tusk zusammen.
Die deutsche Verteidigungsministerin war am Dienstag nach dreitägigen Verhandlungen von den EU-Staats- und Regierungschefs als Nachfolgerin Junckers vorgeschlagen worden. Der Ernennung muss das Europaparlament noch mit der Mehrheit seiner Mitglieder zustimmen. Dort gibt es es massive Kritik an der Personalentscheidung. Mehrere Fraktionen zeigten sich enttäuscht, dass keiner der Spitzenkandidaten der Parteien bei der Europawahl zum Juncker-Nachfolger gekürt wurde.
Tusk verteidigte das vom EU-Gipfel verabschiedete Personalpaket vor den Abgeordneten in Straßburg. Erstmals in der EU-Geschichte hätten die Staats- und Regierungschefs für insgesamt vier Spitzenjobs zwei Frauen und zwei Männer vorgeschlagen, sagte er. "Europa spricht nicht nur über Frauen, Europa wählt Frauen." Neben von der Leyen hatte der Gipfel die Französin Christine Lagarde als Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) nominiert.
Der Linken-Politiker Martin Schirdewan kritisierte ein "Geschacher in Hinterzimmern". Damit sei das Vertrauen der Wähler enttäuscht worden. Auch die Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, die Spanierin Iratxe Garcia Perez, betonte, das Konzept der Spitzenkandidaten müsse bewahrt werden. Sie kündigte an, ihre Fraktion werde "sehr fordernd" mit Blick auf "die politische Agenda der künftigen Kommission" sein.
Von der Leyen braucht für die Wahl im EU-Parlament die Unterstützung von mindestens 376 der 751 Abgeordneten. Dazu sind neben ihrer konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) mindestens zwei weitere Fraktionen nötig. Bei den Sozialdemokraten als zweitgrößter Parlamentsgruppe haben Vertreter der deutschen SPD angekündigt, gegen von der Leyen zu stimmen. Sie stellen aber nur 16 der 154 europäischen Sozialdemokraten.
Die Grünen schließen eine Unterstützung abhängig von Zusagen von der Leyens nicht aus. "Wir Grünen stehen der Nominierung von Ursula von der Leyen höchst skeptisch gegenüber", erklärte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. "Wir werden zügig eine öffentliche Anhörung mit von der Leyen in unserer Fraktion im Europaparlament organisieren."
Von der Einbindung der Grünen "und ihrer Präsenz in den Entscheidungsorganen der EU würde Europa insgesamt profitieren", sagte Tusk im EU-Parlament. Diese Botschaft wollte er "direkt" von der Leyen bei ihrem Treffen am Donnerstag übermitteln.
(A.Nikiforov--DTZ)