Polizei in Hongkong setzt Tränengas und Schlagstöcke gegen Demonstranten ein
Bei erneuten Protesten in Hongkong hat es am Samstag Zusammenstöße zwischen der Polizei und Demonstranten gegeben. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein, die sich zu Tausenden an der Grenze zum Festland versammelt hatten. Der Protest richtete sich vor allem gegen chinesische Händler, die im Hongkonger Vorort Sheng Shui Kosmetik- und Pharmaprodukte günstig einkaufen und auf der chinesischen Seite weiterverkaufen.
Nach Angaben der Polizei hatten Demonstranten versucht, "Polizisten anzugreifen", die bei einem Streit zwischen Demonstranten und örtlichen Geschäftsleuten eingreifen wollten. Daraufhin seien sie gegen die Demonstranten vorgegangen. Die Protestbewegung warf der Polizei hingegen vor, ohne Vorankündigung Gewalt angewandt zu haben. Ein AFP-Journalist beobachtete, wie sich Demonstranten mit Wasser die Augen ausspülten. Ein Demonstrant blutete am Kopf.
Der Protest richtete sich gegen sogenannte chinesische Parallelhändler, die in den unzähligen Drogerien und Apotheken in Sheng Shui einkaufen, weil in Hongkong keine Mehrwertsteuer auf diese Produkte erhoben werden. Später werden die Waren auf der anderen Seite der Grenze teurer verkauft. Dieser "Parallelhandel" und die durch ihn aus dem Boden schießenden Geschäfte sorgen in Hongkong seit langem für Spannungen.
"Es ist wirklich lästig. Die Mieten sind gestiegen", sagte der 74-jährige Demonstrant Siu Hok Yan der AFP. "Andere kleine Geschäfte und Restaurants können nicht überleben. Die Umgebung ist zu einem Marktplatz für Parallelhändler geworden statt für die Bewohner", bemängelte Siu.
Die meisten der Geschäfte in Sheng Shui blieben während des Protests geschlossen. Von örtlichen Sendern ausgestrahlte Videoaufnahmen zeigten, wie Demonstranten die Schließung von noch geöffneten Geschäfte erzwangen.
In Hongkong gibt es seit Wochen Proteste, die sich zunächst vor allem gegen ein geplantes Auslieferungsgesetz richteten. Die meisten der Proteste verliefen friedlich. In den vergangenen Wochen gab es aber auch gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten. Zum 22. Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie an China am 1. Juli hatten überwiegend junge und maskierte Demonstranten in einer beispiellosen Aktion das Parlamentsgebäude gestürmt.
Trotz Lams Zusage, das umstrittene Gesetz dauerhaft auf Eis zu legen, hat die Protestbewegung weitere Massenproteste angekündigt. Lam weigert sich bisher, der Forderung der Demonstranten nachzukommen, das Auslieferungsgesetz endgültig von der Parlamentsagenda zu nehmen. Zudem fordert die Protestbewegung eine Untersuchung von Polizeigewalt bei den Protesten, die Freilassung festgenommener Demonstranten sowie den Rücktritt Lams.
Die chinesischen Händler in Sheng Shui, aber auch Touristen und Einwanderer aus dem chinesischen Festland sorgen in Hongkong mit seinen horrenden Mieten seit langem für Zündstoff. Seit 1997 sind rund eine Million Festland-Chinesen in die Sonderverwaltungszone gezogen. Einige Demonstranten bezeichneten chinesischen Einwanderer als "Heuschrecken".
(U.Stolizkaya--DTZ)