Istanbuler CHP-Vorsitzende Kaftancioglu weist Anklage entschieden zurück
Die Istanbuler Oppositionspolitikerin Canan Kaftancioglu hat ihre Anklage wegen Beleidigung von Präsident Recep Tayyip Erdogan entschieden zurückgewiesen. "Seit seinem Beginn ist dieser Prozess illegitim", sagte die Istanbuler Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP) am Donnerstag bei der Fortsetzung ihres Verfahrens. "Dieser Prozess soll mich dafür bestrafen, dass ich dafür gekämpft habe, Istanbul dem Volk zurückzugeben."
Hunderte Unterstützer versammelten sich vor dem Justizpalast Caglayan mit Schildern mit der Aufschrift "Du wirst niemals alleine gehen". Kaftancioglu wird wegen kritischer Twitter-Botschaften aus den Jahren 2012 bis 2017 "Beleidigung des Präsidenten", "Beleidigung der türkischen Republik" und "Propaganda für eine Terrororganisation" vorgeworfen. Ihr drohen in dem seit Ende Juni laufenden Prozess bis zu 17 Jahre Haft.
Ihre Partei betrachtet den Prozess als "Rache" von Erdogans AKP für deren Niederlage bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul. Nachdem der Sieg der Opposition bei der ersten Wahl am 31. März auf Druck der AKP annulliert worden war, gewann der CHP-Kandidat Ekrem Imamoglu die Wiederholung am 23. Juni mit noch größerer Mehrheit. Kaftancioglu gilt als rechte Hand Imamoglus und als Architektin seines erfolgreichen Wahlkampfs in der Metropole.
"Dies ist ein politischer Prozess ohne jede rechtliche Grundlage", sagte der CHP-Vize Muharrem Erkek am Donnerstag. "Sie wollen sich an uns dafür rächen, dass sie Istanbul verloren haben." Laut CHP forderte die Verteidigung bei der Anhörung mehr Zeit und stellte einen Antrag auf Befangenheit des Gerichts. Die Anträge wurden jedoch abgelehnt. Das Gericht vertagte den Prozess gegen Kaftancioglu auf den 6. September.
Die streitbare Politikerin mit dem markanten Kurzhaarschnitt provoziert schon lange viele Konservative mit ihrem selbstbewussten Auftreten und ihren politischen Ansichten. Als die 47-jährige Gerichtsmedizinerin Anfang 2018 zur CHP-Vorsitzenden in Istanbul gewählt wurde, bezeichnete Erdogan sie in einer Rede als "Terroristin". Die Anklage wegen ihrer alten Tweets fiel mitten in den Wahlkampf für das Bürgermeisteramt in Istanbul.
(M.Dylatov--DTZ)