Parteiübergreifend Forderungen nach härterem Vorgehen gegen Rechtsextreme
Parteiübergreifend haben deutsche Politiker sich für ein härteres Vorgehen gegen Rechtsextreme ausgesprochen. "Wir müssen den Verfolgungsdruck auf Rechtsextremisten massiv erhöhen", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag. Auch Grünen-Parteichef Robert Habeck forderte im Portal "Spiegel Online", der Kampf gegen Rechtsextreme müsse höchste Priorität bekommen.
Lambrecht warnte mit Blick auf den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke: "Wir sehen, wie Hass im Netz in brutale Gewalt umschlagen kann." Änderungen des Strafrechts hält sie nicht für erforderlich. Die vorhandenen Straftatbestände müssten jedoch konsequenter angewandt werden, zitierte die "FAZ" einen Sprecher des Justizressorts. Lübcke war Anfang Juni aus nächster Nähe erschossen worden. Als dringend tatverdächtig gilt ein Mann mit rechtsextremem Hintergrund.
"Bei uns im Land werden Menschen bedroht, verletzt, getötet, weil sie anders aussehen oder weil sie dafür eintreten, dass unser Zusammenleben funktioniert. Das ist unerträglich", sagte Habeck "Spiegel Online". Er forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, er müsse "den Kampf gegen Rechtsextremismus zur Chefsache machen".
"Die Sicherheitsbehörden müssen "rechtsextreme und rechtsterroristische Strukturen umfassend durchleuchten und bekämpfen", forderte Habeck weiter. Dies gelte auch für das Internet, denn das Agieren von Rechtsextremen dort schaffe den Nährboden für Straftaten in der realen Welt. "Aus der rhetorischen Jagd wird Menschenjagd, aus dem Gerede vom Ausmerzen Mordanschläge", warnte der Grünen-Vorsitzende. Einen "gesellschaftlichen Aufstand gegen rechts" forderte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in der "Rheinischen Post".
"In Deutschland agieren organisierte und hochgerüstete rechtsextreme Netzwerke", warnte die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in "Spiegel Online". "Waren bisher Pöbeleien, Hetzjagden und Brandstiftung die bevorzugten Mittel der Rechtsextremisten, um Hass und Gewalt in die Gesellschaft zu tragen, schlägt diese Hetze nun in offenen Terror um." Die FDP-Politikerin forderte eine aktivere Präventionsarbeit der Behörden.
Eine "Politik der Nulltoleranz" gegenüber Rechtsextremen forderte der Politologe Andreas Püttmann. Bereits seit einigen Jahren sei ein Zusammenhang zwischen rechter Rhetorik und der Zunahme von Gewalt zu beobachten, sagte er am Samstag im Deutschlandfunk. "Man findet immer Menschen, die bereit sind, dann auch zur Tat zu schreiten", warnte der Politikwissenschaftler.
Püttmann machte für die zunehmende Gewalt eine Polarisierung und Radikalisierung durch das Internet verantwortlich. Rechtsextremisten hätten in den vergangenen Jahren gelernt, dieses sehr intensiv zu nutzen. Diese Entwicklung habe schon vor der Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge 2015 begonnen. Der Experte sprach von einer "Kulturkrise“ in Deutschland, die nur durch massive politische Bildung und eine Stärkung christlicher Werte beendet werden könne.
Der starke Zuzug von Flüchtlingen habe diese Entwicklung zwar verstärkt, aber nicht verursacht, sagte Püttmann weiter. Vielmehr hätten "Enthemmung und Verrohung bereits vorher begonnen", weil "durch die Echokammern und Filterblasen im Internet die Leute sich gegenseitig hochjazzen, weil auch Lügen und Halbwahrheiten dort verbreitet werden".
(W.Novokshonov--DTZ)