Deutsche Tageszeitung - Weltklimarat fordert sofortiges Umsteuern bei der Landnutzung

Weltklimarat fordert sofortiges Umsteuern bei der Landnutzung


Weltklimarat fordert sofortiges Umsteuern bei der Landnutzung
Weltklimarat fordert sofortiges Umsteuern bei der Landnutzung / Foto: ©

Ohne ein radikales Umsteuern bei der Bewirtschaftung von Land und Wäldern könnten eine Klimakatastrophe und Hungerkrise auf die Menschheit zukommen: Zu diesem Ergebnis kommt der Weltklimarat IPCC in einem Sonderbericht zur Landnutzung und Erderwärmung, der am Donnerstag in Genf vorgelegt wurde. Vor dem Hintergrund der Abholzung von Wäldern, von industrieller Landwirtschaft und Lebensmittelverschwendung untersuchten die Experten, wie die dramatisch wachsende Erdbevölkerung auch künftig ernährt und das Klima dennoch zugleich geschützt werden kann.

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In seinem Bericht macht der Weltklimarat die Dringlichkeit deutlich und fordert die internationale Gemeinschaft zum sofortigen Umsteuern auf. Eine Schlüsselstellung kommt demnach der Agrarwirtschaft zu. Die Wissenschaftler plädieren dafür, die Ausbeutung von Land, die Abholzung von Wäldern, die Lebensmittelverschwendung und die CO2- Belastung durch die Landwirtschaft drastisch zu reduzieren. Denn durch die Erderwärmung, die zu zunehmender Wüstenbildung, Wasserknappheit und Hitzewellen führt, verschärfen sich die Probleme immer mehr.

Die Welt steht dabei nach Ansicht der Experten vor einem Dilemma: Um das im Pariser Klimaabkommen von 2015 beschlossene Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, mithilfe von Bioenergie umzusetzen, wären riesige Landflächen für den Anbau von Biotreibstoffen wie Raps nötig, heißt es in dem IPCC-Report. Doch die Weltbevölkerung wird Schätzungen zufolge von derzeit 7,7 Milliarden in wenigen Jahrzehnten auf zehn Milliarden Menschen anwachsen. Land stehe daher nur begrenzt zur Verfügung und müsse dringend effizienter genutzt werden - vor allem vom Agrarsektor.

Die Herkulesaufgabe: "Begrenztes Land, eine wachsende Erdbevölkerung - und das alles eingebettet in einen Klimanotstand", fasste Dave Reay, Professor an der Universität Edinburgh, das Dilemma zusammen.

Land und Klimawandel sind aufs Engste miteinander verknüpft. Wälder, Pflanzen und Böden speichern rund ein Drittel aller menschengemachten Emissionen. Durch die Ausbeutung dieser natürlichen Ressourcen entstehen CO2, Methan und Stickstoffdioxide in erheblichen Mengen. Diese Treibhausgase tragen erheblich zum globalen Temperaturanstieg bei. Dem Bericht zufolge sind die Agrarwirtschaft und ihre Zulieferer für 37 Prozent aller menschengemachten Emissionen verantwortlich.

Schon heute liegt der Temperaturanstieg über den Landflächen höher als im Durchschnitt auf der Erde einschließlich der Ozeane insgesamt - bei 1,53 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, wie es in dem Bericht heißt. Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hatten sich die Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, den Temperaturanstieg auf idealerweise maximal 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Um gegenzusteuern, schlagen die IPCC-Experten eine Reihe von Maßnahmen vor: Erreicht werden könnte dies etwa durch Aufforstung - denn Wälder tragen zur Abkühlung der Erde bei. Allerdings verbraucht allein die Landwirtschaft ein Drittel der Landfläche weltweit und Dreiviertel des gesamten Frischwassers.

Die Experten kritisierten auch die Lebensmittelverschwendung, die zur menschlichen CO2-Bilanz beiträgt - Schätzungen zufolge landen rund 30 Prozent aller Nahrungsmittel im Müll. Die Wissenschaftler heben auch die Vorteile von "pflanzenbasierten Lebensmitteln" hervor, um den CO2-Ausstoß abzumildern. Eine Position zu der Kontroverse um einen Verzicht auf Fleisch vermied der Weltklimarat jedoch.

Verzögerungen bei der Verringerung von Emissionen hätten "zusehends negative Folgen für Land" und bremsten eine "nachhaltige Entwicklung", warnten die Forscher. Bereits bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad steige das Risiko für "Wasserknappheit, Brandfolgen, Dauerfrostaufgang und Ernährungsunsicherheit", betonte die stellvertretende IPCC-Vorsitzende Valérie Masson-Delmotte.

Für den IPCC-Sonderbericht zur Landnutzung hatten 108 Wissenschaftler aus aller Welt zahlreiche Forschungsergebnisse ausgewertet.

(W.Novokshonov--DTZ)

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