Deutsche Tageszeitung - Demonstranten legen erneut Hongkonger Flughafen großteils lahm

Demonstranten legen erneut Hongkonger Flughafen großteils lahm


Demonstranten legen erneut Hongkonger Flughafen großteils lahm
Demonstranten legen erneut Hongkonger Flughafen großteils lahm / Foto: ©

Regierungskritische Demonstranten haben den Hongkonger Flughafen den zweiten Tag in Folge weitgehend lahmgelegt. Wegen der Proteste seien am Dienstag alle Check-ins ausgesetzt worden, teilte der Flughafen der chinesischen Sonderverwaltungszone auf seiner Website mit. Hunderte Flüge wurden gestrichen oder verschoben. Ob auch ankommende Maschinen betroffen waren, blieb zunächst offen. Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt während der Proteste.

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Bereits am Montag hatten nach Polizeiangaben 5000 Demonstranten den Flughafen, eines der geschäftigsten Drehkreuze der Welt, lahmgelegt. Sämtliche Flüge wurden gestrichen. Am Dienstagmorgen war der Betrieb zunächst wieder aufgenommen worden, doch wenig später kam es zu erneuten Protesten.

Tausende Demonstranten versammelten sich am Airport. Sie bildeten eine Menschenkette und versperrten Passagieren die Zugänge zu den Abflugbereichen. Zudem hinderten sie Reisende mit Gepäckwagen an der Nutzung der Aufzüge. "Haltet zu Hongkong, setzt euch für die Freiheit ein", skandierten die Protestierenden. Auch die Parole "Auge um Auge" war zu lesen - eine Anspielung auf eine Demonstrantin, die am Sonntag schwer im Gesicht verletzt worden war und Berichten zufolge auf einem Auge ihre Sehkraft verlor.

Einige Reisende zeigten Verständnis für die Demonstranten. "Es geht um Freiheit und Demokratie, und das ist unglaublich wichtig", sagte der Brite Pete Knox. Andere ärgerten sich, dass ihre Reisepläne durcheinander geworfen wurden. "Es ist mir egal, was sie tun, aber ihretwegen haben wir fünf Stunden Verspätung", sagte der 50 Jahre alte Wing Au-yeung.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam verteidigte auf einer Pressekonferenz das Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten in den vergangenen Wochen. Die Polizei sei mit "extrem schwierigen Umständen" konfrontiert und an strenge Richtlinien gebunden.

Lam wurde von den Journalisten mit scharfen Fragen konfrontiert und schien zeitweise den Tränen nahe zu sein. "Seht euch unsere Stadt an. Wollt ihr wirklich, dass sie in einen Abgrund getrieben wird?", sagte Lam an die Demonstranten gerichtet. Sie warnte die Aktivisten, die Gewalt während der Proteste bringe die Stadt in eine Lage, "aus der es kein Zurück gibt".

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt während der Proteste. Bachelet sei "besorgt" über "die Eskalation der Gewalt der vergangenen Tage", sagte ihr Sprecher in Genf.

Dem UN-Menschenrechtsbüro lägen "glaubwürdige Beweise" vor, dass die Einsatzkräfte "nicht-tödliche Waffen" auf eine Weise eingesetzt hätten, die durch internationale Standards verboten seien. So sei mehrfach Tränengas in geschlossenen Bereichen und gezielt auf einzelne Protestierende gesprüht worden. Am Sonntag waren die Einsatzkräfte in U-Bahnstationen mit Tränengas gegen die Aktivisten vorgegangen.

Ein Vertreter der Regierung in Peking hatte die Proteste am Montag erstmals mit "Terrorismus" in Verbindung gebracht. Börsenexperten zufolge reagierten die Anleger besorgt auf die Äußerungen: An der Börse in Hongkong fiel der Aktienindex Hang Seng am Dienstag um mehr als zwei Prozent.

Chinesische Staatsmedien legten am Dienstag nach. Die Nachrichtenagentur Xinhua sprach in einem Kommentar von "gewalttätigen Radikalen", die Hongkong in den "Abgrund" trieben. Auf Videos staatlicher Medien waren gepanzerte Truppentransporter und andere Militärfahrzeuge zu sehen, die sich offenbar in der südchinesischen Stadt Shenzhen nahe der Grenze zu Hongkong versammelten.

Der letzte britische Gouverneur Hongkongs, Chris Patten, warnte, ein Eingreifen Festland-Chinas in den Konflikt wäre eine "Katastrophe". Im Radiosender BBC Radio 4 forderte er Premierminister Boris Johnson auf, "offen" Druck auf Peking auszuüben.

Die seit zehn Wochen anhaltenden Demonstrationen haben sich mittlerweile zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong und für mehr Demokratie entwickelt.

(U.Beriyev--DTZ)

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