Opposition wirft Scholz "Selbstbeweihräucherung" und unseriöse Etatplanung vor
In der ersten Bundestagsdebatte über den Haushalt für 2020 hat die Opposition Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) scharf attackiert. Scholz liefere nur "Stückwerk" ab und ansonsten "viel Selbstbeweihräucherung", sagte der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler am Dienstag. Sein FDP-Kollege Otto Fricke monierte, die Regierung "schaut nicht in die Zukunft". Scholz warb hingegen für seinen "solide finanzierten Haushalt", der "Kraft für die Zukunftsfähigkeit" schaffe.
Der Entwurf sieht für das kommende Jahr Ausgaben von 359,8 Milliarden Euro vor. Laut mittelfristiger Finanzplanung sollen sie bis 2023 auf 375,7 Milliarden Euro steigen. Neue Schulden will Scholz dabei nicht machen. Die für 20. September erwarteten Klimabeschlüsse der großen Koalition sind in dem Entwurf noch nicht abgebildet.
Der AfD-Haushaltsexperte Peter Boehringer bezeichnete die Tatsache, dass der Entwurf ohne die klimapolitischen Weichenstellungen in den Bundestag eingebracht wurde, als "parlamentarische Zumutung". Auch Kindler kritisierte, ohne Berücksichtigung der Klima-Entscheidungen bleibe der Haushalt "Stückwerk" und das sei "brandgefährlich". Der Grünen-Politiker warf Scholz zugleich vor, er stehe auf der "Investitionsbremse". "Die Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif."
Der FDP-Politiker Fricke attestierte der Regierung Realitätsverweigerung in Sachen Konjunktur. Die Zahl der Kurzarbeiter gehe hoch, die Zahl der neuen offenen Stellen sinke, die Industrieproduktion gehe runter - "all das negiert diese Regierung", sagte er. Damit schaue Schwarz-Rot nicht in die Zukunft, sondern versuche lediglich, "sich über den Dezember zu retten".
Die Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch kritisierte, in Scholz’ Plan sei zu viel Geld für Rüstung und Verteidigung vorgesehen und zu wenig für Soziales. "Jeder siebte Euro aus dem Bundeshaushalt soll in das Wettrüsten fließen." Damit werde die Bundesregierung zum "Sicherheitsrisiko" für Deutschland. Zugleich werde nur jeder neunte Euro "in die Zukunft" gesteckt, sagte Lötzsch.
Dagegen sprach Scholz in seiner Rede von "massiven Investitionen" in die Zukunft und "für eine Gesellschaft, die zusammenhält". Zur wirtschaftlichen Entwicklung sagte der Minister, aktuell sei zwar eine sich abschwächende Konjunktur zu beobachten, aber keine Krise.
Gleichwohl sei in seinem Haushaltsplan Vorsorge getroffen für den Fall einer weiteren Eintrübung. "Wir sind in der Lage, mit vielen, vielen Milliarden gegenzuhalten, wenn tatsächlich in Deutschland und Europa eine Wirtschaftskrise ausbrechen sollte", versicherte Scholz.
In seiner rund 45-minütigen Rede wandte er sich einer Vielzahl von Themen zu, vom Brexit über den geplanten Abbau des Solidaritätszuschlags, die Pflege und den Klimaschutz bis zum sozialen Wohnungsbau. Das Land stehe vor "vielen großen Herausforderungen", betonte er.
Fricke kommentierte Scholz’ Ausführungen mit den Worten, dies sei keine Rede eines Haushaltsministers gewesen, sondern eher "die 24. Regionalkonferenz der SPD". Scholz bewirbt sich gemeinsam mit Klara Geywitz für den Parteivorsitz und nimmt an den 23 Regionalkonferenzen der Kandidaten teil.
Mit dem Haushalt befasst sich der Bundestag die ganze Woche lang; es ist die erste Sitzungswoche nach der Sommerpause. Am Mittwochmorgen steht anlässlich der Debatte über den Etat des Kanzleramts traditionell der große Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition an.
(U.Beriyev--DTZ)