Deutsche Tageszeitung - Überschwemmte Millionenstädte und zunehmend heftige Stürme

Überschwemmte Millionenstädte und zunehmend heftige Stürme


Überschwemmte Millionenstädte und zunehmend heftige Stürme
Überschwemmte Millionenstädte und zunehmend heftige Stürme / Foto: ©

Regelmäßig überschwemmte Küstenmetropolen, versinkende Inselstaaten und zunehmend heftige Wirbelstürme - vor diesen Gefahren warnt der Weltklimarat IPCC in seinem neuen Sonderbericht zu den Meeren und weltweiten Schnee- und Eisvorkommen. Durch ein deutliches Zurückfahren des Treibhausgasausstoßes könnten diese Entwicklungen immerhin abgemildert werden, heißt es in dem Bericht, den der IPCC am Mittwoch in Monaco vorstellte. Deutsche Nichtregierungsorganisationen werteten ihn als dringenden Handlungsappell an die Bundesregierung.

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Für den 900 Seiten langen Sonderbericht, der Politikern als Entscheidungshilfe bei ihrer Klimapolitik dienen soll, hatten zahlreiche internationale Forscher etwa 7000 Studien ausgewertet. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Meeresspiegel seit Beginn des 21. Jahrhunderts zweieinhalb Mal so schnell steigen wie im 20. Jahrhundert. Wegen des Abschmelzens der Eisschilde in der Antarktis und in Grönland werde sich diese Entwicklung bis zum Jahr 2100 noch beschleunigen.

In der Folge würden kleine Inseln, aber auch "zahlreiche" große Küstenstädte wie etwa New York und Amsterdam ab 2050 Jahr für Jahr Wetterextreme wie etwa Überschwemmungen erleben, warnt der IPCC. Dies gelte selbst dann, wenn die gefährlichen Treibhausgasemissionen zurückgefahren würden. Auch die Heftigkeit von Zyklonen, Hurrikans und Taifunen werde zunehmen, so dass künftig immer häufiger Wirbelstürme der höchsten Kategorien 4 und 5 wüteten.

Bis 2050 werde die Zahl der Bewohner niedrig gelegener Küstengebiete auf mehr als eine Milliarde Menschen steigen, legen die Berichtsautoren dar. Diese seien von den Auswirkungen der Erderwärmung besonders stark bedroht.

Wenn die internationale Gemeinschaft die Erderwärmung auf zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenze, werde der Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2300 einen Meter betragen. Wenn die klimaschädlichen CO2-Emissionen hingegen nicht zurückgefahren würden, drohe ein Anstieg um mehrere Meter.

Durch den Bau von Schutzanlagen wie Dämmen könne die Überschwemmungsgefahr um das Hundert- bis Tausendfache verringert werden, heißt es in dem Bericht. Solche Maßnahmen würden allerdings "Dutzende bis hunderte Milliarden Dollar pro Jahr" verschlingen.

Damit könnten zwar Städte wie New York oder Amsterdam geschützt werden, für Flussdeltaregionen und ländliche Regionen in Entwicklungsländern seien solche Schutzmaßnahmen aber schlicht unbezahlbar. Für sie könne die Lage noch "während des 21. Jahrhunderts existenzbedrohend werden", erklärte der deutsche Wissenschaftler Jochen Hinkel vom Global Climate Forum, der an dem IPCC-Bericht mitgearbeitet hat.

Der IPCC-Bericht zeichnet auch ein erschreckendes Bild vom Zustand des Meeres als Lebensraum und riesiger Speicher von klimaschädlichem CO2. Durch die zunehmende Übersäuerung der Ozeane nehme ihre Fähigkeit ab, das Treibhausgas zu speichern. Hitzewellen im Meer zerstörten Korallenriffe und trügen zum Artensterben bei.

Auch auf das drastische Abschmelzen von Gletschern, die eine wichtige Rolle als Wasserspeicher spielen, geht der Bericht ein. Er warnt zudem davor, dass beim fortschreitenden Auftauen der Permafrostböden Milliarden Tonnen Treibhausgase freigesetzt werden könnten.

Der klimapolitische Experte von Oxfam Deutschland, Jan Kowalzig, erklärte: "Den Bericht des IPCC sollte die Bundesregierung als weitere Mahnung verstehen, wie sehr ihre schwache Leistung beim Klimaschutz die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen in anderen Teilen der Welt bedroht und zerstört."

Der Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid forderte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse "ihr mutloses Klimapaket zurücknehmen". "Mit ihrer zukunftsvergessenden Klimapolitik nach dem Motto ’Nach mir die Sintflut’ dürfen wir uns nicht abfinden." Auch der WWF, BUND und Germanwatch forderten eine Überarbeitung des am Freitag beschlossenen Klimapakets, über dessen Eckpunkte das Kabinett am Mittwoch beriet.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, der IPCC-Bericht zeige "eindringlich, was passieren würde, wenn die Staatengemeinschaft das Pariser Klimaschutzabkommen nicht umsetzt". "Es wäre wirklich eine Welt, die wir nicht wiedererkennen würden", sagte sie in Berlin. Im Kampf gegen die Erderwärmung sei aber die gesamte "Weltgemeinschaft" gefragt.

(P.Tomczyk--DTZ)