Parlamentswahl im Kosovo könnte neue Mehrheitsverhältnisse bringen
Zwei Jahrzehnte nach dem Krieg ist im Kosovo eine vorgezogene Parlamentswahl abgehalten worden, die zu einem grundlegenden Wechsel der Mehrheitsverhältnisse führen könnte. Der vorgezogene Urnengang vom Sonntag wurde nach dem Rücktritt von Regierungschef Ramush Haradinaj im Juli angesetzt. Wichtigste Herausforderer des Regierungschefs waren die 37-jährige Mitte-rechts-Kandidatin Vjosa Osmani und der 44-jährige Linksnationalist Albin Kurti. Die Ergebnisse des Urnengangs wurden erst für Montag erwartet, die Koalitionsverhandlungen könnten sich über Wochen hinziehen.
In den beiden Jahrzehnten nach dem Kosovo-Krieg dominierten die früheren Rebellenführer der UCK das politische Geschehen. Auch 2018 gelang es der Demokratischen Partei (PDK) von Präsident Hashim Thaci und der Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK) Haradinajs noch, ihre Meinungsverschiedenheiten zu überbrücken.
Doch in den vergangenen Monaten tat sich eine breite Kluft auf, weil Haradinaj an seinem harten Kurs gegen Serbien festhielt, während PDK-Spitzenkandidat Kadri Veselj die von Haradinaj vor einem Jahr verhängten Sonderzölle auf Güter aus Serbien als "amateurhaft" bezeichnete.
Anlass für den Rücktritt Haradinajs im Juli war dessen Vorladung vor ein Sondergericht zur Ahndung von Kriegsverbrechen während des Kosovo-Krieges (1998-1999) gegen Serbien. In dem Konflikt wurden mehr als 13.000 Menschen getötet.
Solide Meinungsumfragen zum Wählerverhalten lagen nicht vor. Allerdings erschien eine Koalition aus Osmanis Demokratischer Liga des Kosovo (LDK) und Kurtis Partei Selbstbestimmung möglich.
Osmani will die erste Ministerpräsidentin des Kosovo werde. Zusätzliche Unsicherheit hinsichtlich des Wahlausgangs entsteht dadurch, dass der serbischen Minderheit im Kosovo zehn Parlamentssitze garantiert sind. Sie dürften an die Serbische Liste gehen, zu deren Wahl der serbische Präsident Aleksandar Vucic aufforderte. Die Wahllokale sollten um 19.00 Uhr (MESZ) schließen.
Das Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, die Regierung in Belgrad betrachtet es jedoch nach wie vor als serbische Provinz. Auch Serbiens Verbündete wie Russland und China erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an. Beide Staaten verhindern mit ihrem Vetorecht im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Aufnahme des Kosovo in die UNO.
Das Kosovo mit seinen rund 1,8 Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Regionen Europas. In der Bevölkerung herrscht Unzufriedenheit mit der politischen Führung, die für Korruption und die weit verbreitete Armut verantwortlich gemacht wird. Ein Drittel der Bevölkerung ist arbeitslos.
(S.A.Dudajev--DTZ)