Deutsche Tageszeitung - Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis

Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis


Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis
Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis / Foto: ©

Hohe Auszeichnung für einen Versöhner und Reformer: Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält den diesjährigen Friedensnobelpreis. Er werde damit für die Beendigung des jahrzehntelangen Konflikt mit dem Nachbarland Eritrea und Reformen in seiner lange autoritär regierten Heimat geehrt, erklärte das Nobelkomitee am Freitag in Oslo. Abiy wertete die Auszeichnung als "großartige Neuigkeit für Afrika" und Antrieb für weitere Friedensbemühungen im Osten des Kontinents. Weltweit wurde die Entscheidung des Nobelkomitees begrüßt.

Textgröße ändern:

Der 43-jährige Abiy erhalte den Preis "für seine Bemühungen um Frieden und internationale Zusammenarbeit und insbesondere für seinen entschlossenen Einsatz zur Lösung des Grenzkonflikts mit dem benachbarten Eritrea", erklärte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen. Der Preis soll am 10. Dezember in Oslo verliehen werden. Er ist mit umgerechnet rund 830.000 Euro dotiert.

Abiy sagte in einem Telefonat mit dem Nobelkomitee, er fühle sich "geehrt" und sei "begeistert". "Der Preis wurde Afrika verliehen, er wurde Äthiopien verliehen", fügte er hinzu.

Später sagte er in einem Interview auf der Website des Nobelkomitees, er sei sicher, dass die Auszeichnung auch neue "Energie" für die Friedensbemühungen in Ostafrika bringen werde. Eine Regierungssprecherin in Addis Abeba erklärte, der Friedensnobelpreis werde Äthiopien auf dem "Weg des Wohlstands" weiter voranbringen.

Seit der heute 43-Jährige im April 2018 an die Regierung kam, brach er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Abiy leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen. Zudem schloss er mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen.

Eritrea hatte sich Anfang der 90er Jahre nach einem drei Jahrzehnte währenden Krieg von Äthiopien abgespalten und sich 1993 für unabhängig erklärt. Wegen eines Grenzkonflikts lieferten sich die beiden Länder am Horn von Afrika von 1998 bis 2000 einen erneuten Krieg, in dessen Verlauf rund 80.000 Menschen starben.

Am 9. Juli 2018 beendeten Abiy und der eritreische Präsident Isaias Afewerki bei einem historischen Treffen den jahrzehntelangen Konflikt ihrer Länder. Botschaften im jeweils anderen Land wurden eröffnet und Flugverbindungen wieder eingerichtet.

Die anfängliche Begeisterung wich jedoch bald Ernüchterung. Die Grenze zwischen den Ländern ist inzwischen wieder geschlossen, die Unterzeichnung von Handelsabkommen steht noch aus, und Äthiopien hat nach wie vor keinen Zugang zu eritreischen Häfen. Das Nobelkomitee betonte deshalb, der Preis sei auch als "Ermutigung" gedacht.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßte die Entscheidung des Nobelkomitees, rief Abiy jedoch zu einem verstärkten Engagement in Menschenrechtsfragen auf. In dem Vielvölkerstaat Äthiopien bestehe aufgrund "ethnischer Spannungen" nach wie vor die Gefahr von "Instabilität und weiteren Menschenrechtsverletzungen".

Zahlreiche Politiker weltweit begrüßten die Auszeichnung Abiys. Eine Sprecherin der Bundesregierung bezeichnete den Äthiopier als "sehr würdigen Preisträger und Vorbild auf der internationalen Bühne". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte im Onlinedienst Twitter, Abiys Mut und Weitsicht seien "Beispiel und Vorbild weit über Afrika hinaus".

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Januar auf Staatsbesuch in Äthiopien war, erklärte, Abiy habe durch sein "mutiges und tatkräftiges Engagement" gezeigt, "dass alte und tiefe Gräben zwischen Menschen und Völkern doch überwunden werden können".

Auch UN-Generalsekretär António Guterres lobte Abiys Einsatz für den Frieden. Das Friedensabkommen mit Eritrea "hat der Region neue Möglichkeiten eröffnet, Sicherheit und Stabilität zu genießen", teilte er mit. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnete Abiy als "mutigen Mann".

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Das Land legte in jüngster Zeit ein rasantes Wirtschaftswachstum hin. Dennoch zählt es nach wie vor zu den ärmsten Staaten der Welt.

(I.Beryonev--DTZ)

Empfohlen

SPD-Chefin Esken warnt vor überzogenen Maßnahmen gegen Migration

Vor den geplanten Asylgesprächen zwischen Ampelregierung und Unionsfraktion hat die SPD-Vorsitzende Saskia Esken CDU und CSU vor überzogenen Maßnahmen gewarnt. "Die Begrenzung der irregulären Migration ist notwendig, aber sie muss auf rechtlich wasserdichten Grundlagen geschehen", sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir können nicht einfach EU-Recht und Grundgesetz aushebeln."

Einen Tag vor wichtigem TV-Duell: Harris in US-Metropole Philadelphia eingetroffen

Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ist für ihr mit Spannung erwartetes TV-Duell mit ihrem republikanischen Rivalen Donald Trump nach Philadelphia gereist. Einen Tag vor dem Redegefecht landete die US-Vizepräsidentin am Montag mit der Maschine "Air Force 2" in der US-Metropole im Bundesstaat Pennsylvania. In den vergangenen drei Tagen hatte die 59-Jährige sich in Pittsburgh mit ihrem Team auf das TV-Duell am Dienstagabend (Ortszeit) vorbereitet.

Venezolanische Oppositionschefin Machado will im Land bleiben und "Kampf" fortsetzen

Nach der Flucht des führenden venezolanischen Regierungsgegners Edmundo González Urrutia hat Oppositionsführerin Maria Corina Machado erklärt, im Land verbleiben und den "Kampf" begleiten zu wollen. "Ich habe beschlossen, in Venezuela zu bleiben und den Kampf von hier aus zu begleiten, während er (González Urrutia) ihn von außen führt", sagte die seit Wochen untergetauchte Machado am Montag bei einer Videokonferenz.

Hunderte trauern in Westjordanland um getötete US-türkische Aktivistin

In Nablus im besetzten Westjordanland haben Hunderte Menschen einer US-türkischen Aktivistin die letzte Ehre erwiesen, die bei einem Protest gegen israelische Siedlungen im nahegelegenen Beita getötet wurde. Die in eine Palästinenserfahne gehüllte Leiche der 26-jährigen Aysenur Ezgi Eygi wurde von palästinensischen Sicherheitskräften durch die Straßen von Nablus getragen, bevor ein Kranz auf ihre sterblichen Überreste gelegt wurden. Ihr Kopf war von einer Kefije, dem sogenannten Palästinensertuch, bedeckt.

Textgröße ändern: