Deutsche Tageszeitung - Brexit-Gespräche zwischen Hoffnung und Skepsis

Brexit-Gespräche zwischen Hoffnung und Skepsis


Brexit-Gespräche zwischen Hoffnung und Skepsis
Brexit-Gespräche zwischen Hoffnung und Skepsis / Foto: ©

Im Endspurt der Verhandlungen um ein Brexit-Abkommen schwanken die Erwartungen zwischen Hoffnung und Skepsis. Nach stundenlangem Ringen bis Mitternacht nahmen die Verhandlungsteams am Mittwochvormittag ihre Gespräche in Brüssel wieder auf. Beide Seiten hatten Diplomaten zufolge am Dienstag begonnen, eine mögliche Einigung in einen Rechtstext zu übertragen. Doch offenbar bleiben noch grundsätzliche Fragen zum Status von Nordirland zu klären.
 
Es gebe "nicht mehr viele Punkte" zu klären, sagte ein EU-Diplomat am Morgen. Diese seien aber "sensibel". Bei der künftigen Lösung zur Vermeidung von Grenzkontrollen zur britischen Provinz Nordirland poche die EU auf den Schutz ihres Binnenmarkts, um zu verhindern, dass Waren von außerhalb der Union unkontrolliert auf den europäischen Markt kommen.
 
Ob ein Durchbruch vor dem EU-Gipfel ab Donnerstag möglich sei, sei unklar, sagte der Diplomat. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian nannte es am Morgen "eher positiv", dass die Verhandlungen so lange andauerten. "Vielleicht können wir aus der Sackgasse kommen", sagte Le Drian in einem Interview mit dem Sender BFM-TV/RMC. Ob es zu einer Einigung komme, sei aber nach wie vor "ungewiss".
 
Der britische Premierminister Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der EU führen, notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. Allerdings hatte das britische Parlament Johnson im September per Gesetz dazu verpflichtet, eine Brexit-Verschiebung zu beantragen, sollte es bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben.
 
EU-Chefunterhändler Michel Barnier soll am Nachmittag die EU-Botschafter über den Stand informieren. Gibt er grünes Licht, könnte sich der EU-Gipfel mit einer möglichen Einigung befassen. Die Staats- und Regierungschefs würden dabei entscheiden, ob sich der gefundene Kompromiss innerhalb der von ihnen vorgegebenen roten Linien bewegt.
 
Selbst bei einem Durchbruch der Gespräche zwischen London und Brüssel bleibt die Frage, ob Premier Johnson das Abkommen dann auch durch das Unterhaus bekommt. Brexit-Hardliner sind strikt dagegen, dass Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs stattfinden, um das Grenzproblem zum EU-Mitglied Irland zu lösen. Insbesondere die mit Johnsons konservativen Tories verbündete nordirische DUP gilt hier als Unsicherheitsfaktor.
 
Das britische Pfund, dessen Kurs in Erwartung eines Durchbruchs am Dienstag stark zugelegt hatte, bewegte sich gegenüber dem Euro auch am Mittwoch leicht im Plus. Mancher Marktexperte zeigte sich aber vorsichtig: "Wie oft waren wir schon an diesem Punkt in den vergangenen drei Jahren", fragte Analyst Michael Hewson von CMC Markets UK. Und dann seien die Gespräche "wegen des gordischen Knotens bei Nordirland wieder ins Stocken geraten".
 
Kommt es vor dem EU-Gipfel nicht mehr zu einem Durchbruch, könnten die EU-Staats- und Regierungschefs die Brexit-Frage vor Ende Oktober auch auf einem Sondergipfel behandeln. In Brüssel gilt daneben selbst bei einem Abkommen eine "technische Verlängerung" beim Brexit als wahrscheinlich. Denn die Zeit, um eine Vereinbarung in den Parlamenten zu ratifizieren, gilt bis Ende Oktober schon jetzt als zu knapp.  (S.A.Dudajev--DTZ)

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