
Chiles Präsident kündigt Konsequenzen für Polizeigewalt an

Angesichts des teils gewaltsamen Vorgehens von Sicherheitskräften gegen Demonstranten bei den Protesten in Chile hat Präsident Sebastián Piñera Konsequenzen angekündigt. Er halte es für möglich, dass "in einigen Fällen" die Vorschriften nicht eingehalten worden seien, sagte er am Donnerstag bei einem Treffen mit ausländischen Medien. Die Staatsanwaltschaft werde mutmaßliche Verstöße von Sicherheitskräften prüfen. Diese würden dann vor Gericht geahndet.
Piñera hatte bereits am Sonntag die Polizeigewalt gegen Demonstranten verurteilt und einen "übermäßigen Einsatz von Gewalt" beklagt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf den Sicherheitskräften in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht vor, Demonstranten "vorsätzlich" verletzt zu haben. Es habe einen "unnötigen und exzessiven Einsatz von Gewalt gegeben mit der Absicht, Demonstranten zu verletzen und zu bestrafen".
Die Regierung wies den Amnesty-Bericht zurück. Die Polizei erklärte, sie habe nicht die "Absicht", Demonstranten zu verletzen.
Seit dem Beginn der Unruhen in dem südamerikanischen Land vor einem Monat wurden 22 Menschen getötet und tausende weitere verletzt. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurden seit Ende Oktober knapp 1100 Ermittlungsverfahren wegen Vorwürfen der Polizeigewalt eingeleitet. In 24 Fällen gehe es um Foltervorwürfe, in neun weiteren um mutmaßlichen sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung.
Die Polizei hatte am Dienstag erklärt, sie werde künftig keine Schrotkugeln mehr gegen Demonstranten einsetzen. Zuvor hatten Gesundheitsorganisationen beklagt, dass mehr als 280 Menschen durch solche Munition Verletzungen an den Augen erlitten hätten.
Die anhaltende Krise in Chile ist die schwerste seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1990. Die Demonstranten kritisieren soziale und wirtschaftliche Ungleichheit sowie die Macht der herrschenden Elite. Auch am Donnerstag schlugen Proteste in mehreren Städten des Landes in Gewalt um.
(M.Dylatov--DTZ)