
Lange Schlangen bei Hongkonger Bezirkswahl inmitten politischer Krise

Vor dem Hintergrund der teils gewalttätigen Proteste in Hongkong haben in der chinesischen Sonderverwaltungszone Bezirkswahlen stattgefunden. Vor den Wahllokalen bildeten sich am Sonntag lange Schlangen. Nach Angaben der Regierung war die Wahlbeteiligung in den ersten zwei Stunden etwa drei Mal so hoch wie bei den vorherigen Bezirkswahlen vor vier Jahren. Experten zufolge dürfte die Demokratiebewegung von der hohen Wahlbeteiligung profitieren.
"Ich hoffe, dass diese Abstimmung unsere Stimme im Bezirksrat stärken kann", sagte der 19-jährige Student Michael Ng, der zum ersten Mal zur Wahl ging, der Nachrichtenagentur AFP. "Auch wenn eine Abstimmung nur ein bisschen helfen kann, hoffe ich, dass sie der Gesellschaft Wandel bringen und die Straßenproteste auf gewisse Weise unterstützen kann."
Die Demokratiebewegung hatte ihre Anhänger vorab zur Stimmabgabe aufgerufen und für den Wahltag ein Aussetzen der Proteste gegen die pekingtreue Regierung angekündigt. Sie hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung, um Hongkongs Regierung einen Denkzettel zu verpassen. In Einträgen im Online-Netzwerk LiHKG riefen prodemokratische Nutzer dazu auf, den Urnengang nicht zu gefährden. Größere Protestaktionen waren für Sonntag nicht geplant.
4,13 Millionen Bürger waren zu dem Urnengang zugelassen - fast 400.000 mehr als 2015. Vor den Wahllokalen und auf den Straßen der Stadt waren Polizisten stationiert, die Polizeipräsenz war aber nicht übermäßig stark. Auch Regierungschefin Carrie Lam gab ihre Stimme ab.
Gewählt werden 452 Stadträte in 18 Bezirken. Entsprechend des verworrenen, von Peking vorgegebenen Wahlsystems können Sitze im Stadtrat zu insgesamt 117 Stimmen im Wahlkomitee führen. Dieses wiederum bestimmt den Hongkonger Regierungschef.
Die Proteste gegen die pekingtreue Regierung in Hongkong hatten im Juni begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen ein geplantes Gesetz, das erstmals auch Auslieferungen aus der Sonderverwaltungszone nach Festland-China ermöglicht hätte. Inzwischen fordert die Protestbewegung umfassende demokratische Reformen und die Absetzung der prochinesischen Regierung in der Millionenmetropole. Bei den Protestaktionen gibt es immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.
(W.Novokshonov--DTZ)