
Ukraine-Gipfel in Paris soll neues Kapitel bei Lösung des Konflikts aufschlagen

In Paris beginnen am Montagnachmittag die ersten internationalen Friedensgespräche zum Ukraine-Konflikt seit drei Jahren. Bei dem Gipfel unter Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron wurde mit Spannung die erste persönliche Begegnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj erwartet. Vor den Gesprächen riefen Deutschland und Frankreich Russland zum Entgegenkommen in dem Konflikt auf.
Für den Nachmittag waren zunächst parallel Gespräche zwischen Merkel und Putin sowie Macron und Selenskyj geplant. Anschließend sollte Merkel mit Selenskyj und Macron mit Putin reden. Erst dann waren die Beratungen der vier Staats- und Regierungschefs gemeinsam angesetzt. Diplomaten aus Kiew zufolge war für den Anschluss das erste direkte Aufeinandertreffen der Präsidenten Russlands und der Ukraine geplant.
Ein Berater Macrons sagte vor Beginn des Gipfels, dieser solle dazu dienen, die jüngsten "Dynamiken" im Ukraine-Konflikt zu nutzen. Macron, Merkel und Selenskyj hätten sich bereit erklärt, Russland "die Hand auszustrecken". Ein Vier-Augen-Gespräch von Putin und Selenskyj wäre eine "hervorragende Art, den Prozess fortzusetzen".
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) rief zu einer Friedenslösung für den Osten der Ukraine auf. Der Konflikt sei "eine seit Jahren schwelende Wunde in Europa", sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er fügte hinzu: "Damit können wir uns nicht einfach abfinden, wenn wir Frieden und Stabilität in unserer Nachbarschaft wollen."
Maas verwies darauf, dass Selenskyj "mit mutigen Schritten eine neue Dynamik in Gang gebracht" habe. "Um bei den schwierigen nächsten Schritten voranzukommen, muss auch Russland sich bewegen."
Allerdings rechnete Maas nicht damit, dass nach dem Treffen in Paris beim EU-Gipfel diese Woche die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise gelockert werden könnten. Die EU werde ihre Politik "jetzt erst einmal fortsetzen, das heißt die Sanktionen verlängern", sagte Maas beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Denn die Gründe, die zu den Sanktionen geführt hätten, bestünden weiter.
Die EU hatte sie nach dem Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 über der Ukraine im Juli 2014 verhängt. Sie richten sich gegen russische Staatsbanken, den Im- und Export von Rüstungsgütern sowie die Öl- und Gasindustrie. Die Sanktionen wurden bisher im halbjährlichen Rhythmus verlängert und laufen derzeit noch bis zum 31. Januar 2020.
In Kiew waren am Sonntag etwa 5000 Menschen auf die Straße gegangen, um Selenskyj aufzufordern, in Paris nicht zu "kapitulieren". Etwa 200 Demonstranten harrten die Nacht in Zelten vor dem Präsidialamt in der ukrainischen Hauptstadt aus.
Der europäische Wirtschaftsverband Eurochambres, dem 20 Millionen Unternehmen angehören, forderte die schrittweise Abschaffung der Sanktionen zwischen Europa und Russland. "Es ist an der Zeit, dass wir uns auf die Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland konzentrieren, anstatt gegeneinander zu arbeiten", sagte Eurochambres-Präsident Christoph Leitl der "Welt".
In dem Konflikt zwischen ukrainischen Truppen und pro-russischen Rebellen in der Ost-Ukraine wurden seit 2014 etwa 13.000 Menschen getötet. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Separatisten finanziell und durch Waffenlieferungen zu unterstützen.
Überschattet wird der Gipfel in Paris von der diplomatischen Krise zwischen Deutschland und Russland nach der Ausweisung zweier russischer Diplomaten im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Auftragsmord an einem Georgier in Berlin.
Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer bekräftigte in Berlin, "dass wir natürlich ernsthafte und unverzügliche Mitwirkung der russischen Behörden weiterhin für geboten halten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Generalbundesanwalt Ermittlungen übernommen hat".
(U.Beriyev--DTZ)