
Truppenabzug und Waffenstillstand bei Ukraine-Gipfel vereinbart

Ein Teilabzug von Truppen, ein Gefangenen-Austausch und eine Umsetzung der Waffenruhe noch in diesem Jahr: Beim Ukraine-Gipfel in Paris haben sich der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selensky am Montag auf Schritte zur Annäherung beider Länder geeinigt. Putin sprach nach dem ersten Treffen der beiden Politiker von einem "wichtigen Schritt". Selenskyj betonte dagegen, er habe sich mehr erhofft.
"Wir haben heute die Zeit des Stillstands überwunden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Abschluss des Gipfels im sogenannten Normandie-Format, zu dem der französische Präsident Emmanuel Macron in den Pariser Elysée-Palast eingeladen hatte. Macron unterstrich: "Die Tatsache, dass wir hier Seite an Seite sitzen, ist bereits ein wichtiges Ergebnis." Er hatte die Teilnehmer für die Gipfelverhandlungen symbolisch an einem runden Tisch platziert, Putin und Selenskyj saßen sich gegenüber.
Konkret vereinbart wurde laut Abschlusserklärung ein Truppenrückzug aus drei umstrittenen Gebieten der Ostukraine bis Ende März. Noch vor Jahresende soll demnach eine Waffenruhe umgesetzt werden. Zudem soll noch in diesem Monat ein weiterer Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine stattfinden. In vier Monaten wollen die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine dann erneut zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen, um weitere Schritte zu besprechen.
Selenskyj äußerte sich nach dem Treffen enttäuscht: "Ich wollte eine größere Zahl an Problemen lösen", sagte er. Offen blieb vor allem die Frage, wie die Ukraine wieder vollständig Kontrolle über ihre Grenze gelangen kann, wie es in den Minsker Friedensverträgen von 2015 vorgesehen ist.
Selenskyj steht im eigenen Land unter Druck: Tausende Demonstranten hatten den früheren Schauspieler und Politik-Neuling vor dem Gipfel aufgerufen, nicht vor Putin zu "kapitulieren".
Merkel sagte, schwierig bleibe die Frage, wie sichere Bedingungen für Kommunalwahlen in den Separatistengebieten in der Ostukraine geschaffen werden könnten. "Das ist ein dickes Brett, das wir noch bohren müssen", betonte die Kanzlerin.
Putin und Selenskyj trafen bei dem Gipfel erstmals aufeinander und schüttelten sich nach Angaben von Teilnehmern die Hand. Sie führten auch ein erstes bilaterales Gespräch miteinander, das rund 90 Minuten dauerte. Danach sagte Putin auf die Frage von Journalisten, ob er zufrieden sei: "Ja, das bin ich."
Auch die diplomatische Krise um die Ausweisung zweier russischer Diplomaten aus Berlin spielte am Rande des Gipfeltreffens eine Rolle. Putin drohte Deutschland mit einem ähnlichen Schritt: "Es gibt eine Regel: Ihr habt unsere Diplomaten ausgewiesen, wir weisen eure Diplomaten aus", sagte der Präsident.
Putin sagte weiter, die russischen Diplomaten hätten "nichts" mit dem mutmaßlichen Auftragsmord an einem Georgier im Berliner Kleinen Tiergarten im Sommer zu tun. Der Tote sei ein gesuchter Kämpfer gewesen und einer der Organisatoren der Anschläge in der Moskauer Metro von 2010 mit 26 Toten.
Die Kanzlerin sagte, sie habe das Thema bei ihrem bilateralen Treffen mit Putin vor Beginn der Normandie-Beratungen in Paris angesprochen und ihn zur Kooperation aufgefordert. "Ich gehe davon aus, dass die russische Seite uns ihre Informationen zur Verfügung stellt", sagte die Kanzlerin. "Jedenfalls fände ich das gut."
(S.A.Dudajev--DTZ)