Deutsche Tageszeitung - Aufgebrachte NGO-Vertreter warnen vor komplettem Scheitern der UN-Klimakonferenz

Aufgebrachte NGO-Vertreter warnen vor komplettem Scheitern der UN-Klimakonferenz


Aufgebrachte NGO-Vertreter warnen vor komplettem Scheitern der UN-Klimakonferenz
Aufgebrachte NGO-Vertreter warnen vor komplettem Scheitern der UN-Klimakonferenz / Foto: ©

Vertreter verschiedener Umwelt- und Entwicklungsorganisationen haben vor einem kompletten Scheitern der UN-Klimakonferenz gewarnt. Die derzeit vorliegenden Beschlusstexte seien "völlig inakzeptabel" und ein "Betrug an den Menschen in aller Welt", sagte die Chefin von Greenpeace International, Jennifer Morgan, am Samstag in Madrid. Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz habe die Aufgabe, das Pariser Klimaabkommen "zu schützen und nicht zuzulassen, dass es durch Zynismus und Gier auseinandergerissen wird".

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Stattdessen habe Chile "den Verschmutzern zugehört und nicht den Menschen", kritisierte Morgan. Der Chef der Initiative Power Shift Africa, Mohamed Ado, bezeichnete die Beschlusstexte als "katastrophal" - "die schlimmsten, die ich je gesehen habe". Die dort enthaltenen Formulierungen würfen die Welt um Jahre zurück, statt auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.

"Wenn ich jemals sagen würde: ’Die Regierungen haben es verkackt’, würde ich heute in Madrid sagen: Die Regierungen haben es verkackt", schimpfte Ado. Menschen in aller Welt müssten nun "aufstehen, um den Planeten zu retten".

Alden Meyer von der Wissenschaftlerorganisation Union of Concerned Scientists warnte, es wäre "ungerecht und unmoralisch", wenn die derzeit vorliegenden Texte beschlossen würden. Schließlich sei darin kein Aufruf enthalten, die nationalen Klimaschutzanstrengungen zu verstärken. Meyer forderte, die großen Treibhausgasemittenten und reichen Länder müssten endlich auf den "klaren Ruf der Jugend, indigenen Völker und klimagefährdeten Länder in aller Welt" reagieren.

Harjeet Singh von der Hilfsorganisation Action Aid warf der EU vor, sie habe die USA mit Kanada und Australien dabei unterstützt, Klimahilfen für Entwicklungsländer zu blockieren. Von der Europäischen Union sei "viel Süßholzraspeln" zu hören, tatsächlich seien sie bei der Klimafinanzierung aber nicht besser als die USA. Die Klima-Referentin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, sagte, sie sei angesichts des Verhandlungsstands in Madrid "fassungslos, wie man so zurückfallen kann".

Nach Einschätzung der NGO-Vertreter sind die bisherigen Ergebnisse in keinem der zentralen Verhandlungsthemen annähernd zufriedenstellend. Abgesehen davon, dass es kein Bekenntnis zu einer Steigerung der Klimaschutzanstrengungen gebe, würde die derzeit vorgeschlagene Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Abkommens zu Marktmechanismen das Pariser Klimaschutzabkommen aushöhlen. In dieser Frage hätten sich insbesondere die USA und Brasilien gemeinsam mit Japan durchgesetzt, kritisierte Greenpeace-Chefin Morgan.

Deutschland und die EU setzen sich für strenge Regeln bei der Umsetzung von Artikel 6 ein, um die Umsetzung des Paris-Abkommens nicht zu gefährden. Die von Deutschland mitbegründete San-José-Gruppe, der einige andere europäische Länder wie Spanien, Schweden, Dänemark und Irland, sowie diverse Inselstaaten und lateinamerikanische Länder angehören, legten einen Kompromissvorschlag zu Artikel 6 vor. Dieser beinhalte Regeln für einen "gerechten und robusten" Handel mit Verschmutzungsrechten, erklärte die Gruppe.

(A.Nikiforov--DTZ)