Vorstoß von Kramp-Karrenbauer zu Kampfjet-Kauf in USA verärgert die SPD
Ein Vorstoß von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zur Beschaffung von Kampfjets in den USA ärgert den Koalitionspartner SPD. Kramp-Karrenbauer unterrichtete ihren US-Kollegen Mark Esper von ihrer Absicht, einen Teil der alten Tornado-Flugzeuge der Luftwaffe durch US-Kampfjets zu ersetzen, wie ein Sprecher ihres Ministeriums am Montag in Berlin bestätigte. Eine Kaufzusage habe sie aber nicht abgegeben - dies sei Sache des Parlaments. Die SPD fühlt sich durch Kramp-Karrenbauers Vorgehen übergangen.
Der "Spiegel" hatte am Sonntag berichtet, die Ministerin habe in einer E-Mail an ihren US-Kollegen förmlich angekündigt, dass Deutschland 45 F-18-Kampfjets des US-Herstellers Boeing kaufen wolle. Kramp-Karrenbauers Sprecher dementierte allerdings eine solche Zusage. In der Frage der Tornado-Nachfolge habe die Ministerin dem US-Kollegen lediglich mitgeteilt, "dass sie beabsichtigt, eine Lösung vorzuschlagen, die sich zu einem Anteil von weniger als einem Drittel auf US-Produkte stützt".
Der Rest der Flugzeuge werde in Deutschland und anderen EU-Staaten besorgt, um die dortige Rüstungsindustrie auszulasten. Am Mittwoch werde die Ministerin den Verteidigungsausschuss über ihre Pläne unterrichten.
Dessen Vorsitzender Wolfgang Hellmich (SPD) warf der Ministerin vor, dem Parlament gegenüber nicht offen mit einem der wichtigsten Rüstungsvorhaben umzugehen. "Mit Vorgängerin Ursula von der Leyen war vereinbart, dass uns die nötigen Daten für eine Entscheidung auf den Tisch gelegt werden", sagte Hellmich der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Erreicht hat uns bislang nichts. Uns gegenüber ist in keiner Weise etwas transparent gemacht worden."
Der Bundestag sei in das Vorgehen der Ministerin nicht eingebunden gewesen, kritisierte auch der SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu in der "Bild"-Zeitung vom Montag. Es gebe deshalb "erkennbar Redebedarf in der Koalition".
Kramp-Karrenbauers Sprecher sagte dazu am Montag, die Ministerin habe Vizekanzler Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas (SPD) über ihre Pläne informiert. Den Fraktionschef der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, weihte sie offenbar aber nicht ein - dies berichtete der "Spiegel". Mützenich lehnt den Kauf von US-Flugzeugen ab.
Der Ministeriumssprecher betonte weiter, dass Kramp-Karrenbauer die Kaufentscheidung gar nicht selbst treffen könne; dies sei Aufgabe des Parlaments. Wegen des langwierigen Prozesses werde die Entscheidung zum Kauf der Flugzeuge wohl erst 2022 oder 2023 gefällt.
Die FDP übte scharfe Kritik an den Entscheidungsprozessen im Ministerium. "Die Art, wie die große Koalition über die Tornado-Nachfolge kommuniziert, ist ein Desaster", sagte die FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP. Dass die Verteidigungsministerin "offensichtlich unabgesprochen eine E-Mail an ihren US-Kollegen schickt, um eine Bestellung von Kampffliegern anzukündigen, ist genauso verantwortungslos wie das Verhalten der SPD, die seit Jahren die Tornado-Nachfolge mit allen Mitteln blockiert".
Der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi warf der Ministerin falsche Prioritäten vor: "Im Augenblick diskutieren wir darüber, dass es dringend erforderlich ist, Pflegerinnen, Krankenschwestern, Verkäuferinnen, Kassiererinnen, Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen, aber auch die Beschäftigten in der Logistik deutlich besser zu bezahlen", erklärte er. "Und was fällt dieser Dame ein? Milliarden für neue Kampfflugzeuge zu verschwenden, die Deutschland überhaupt nicht benötigt."
Der Kauf von Flugzeugen in den USA ist nach Auffassung des Ministeriums nötig, damit die Bundeswehr ihre Aufgaben aus der "nuklearen Teilhabe" der Nato erfüllen kann - hier geht es darum, dass sie im Ernstfall in Deutschland stationierte US-Atombomben zum Ziel fliegen kann. Die Eurofighter-Maschinen aus europäischer Produktion sind dafür nicht ausgelegt.
(U.Beriyev--DTZ)