Deutsche Tageszeitung - Oberstes Gericht wird voraussichtlich Demo mit Bolsonaro-Beteiligung untersuchen

Oberstes Gericht wird voraussichtlich Demo mit Bolsonaro-Beteiligung untersuchen


Oberstes Gericht wird voraussichtlich Demo mit Bolsonaro-Beteiligung untersuchen
Oberstes Gericht wird voraussichtlich Demo mit Bolsonaro-Beteiligung untersuchen / Foto: ©

Der Oberste Gerichtshof von Brasilien wird voraussichtlich mögliche Rechtsverstöße bei einer Demonstration gegen die geltenden Corona-Restriktionen untersuchen, an der Präsident Jair Bolsonaro am Sonntag teilgenommen hatte. Der oberste Richter Alexandre de Moraes sprach sich am Dienstag für eine solche Untersuchung aus. Bei der Demonstration hatten Unterstützer des ultrarechten Staatschefs eine Militärintervention wegen der von Gouverneuren verhängten Corona-Maßnahmen und die Schließung des Parlaments verlangt.

Textgröße ändern:

Richter De Moraes bezeichnete die Vorgänge bei der Demo als "sehr schwerwiegend". Der Protest habe sich gegen den "demokratischen brasilianischen Rechtsstaat" und dessen Institutionen gerichtet. Die dort verbreiteten Slogans seien "verfassungswidrig" gewesen und hätten nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

Mit seiner Erklärung reagierte De Moraes auf einen Antrag der brasilianischen Generalstaatsanwaltschaft, die eine Untersuchung der Demonstration durch das Oberste Gericht verlangt. In dem Antrag wird Bolsonaro nicht erwähnt.

Zu der Demonstration hatten sich rund 600 Menschen vor dem Hauptquartier der Armee in der Hauptstadt Brasília versammelt. Bolsonaro sprach von der offenen Ladefläche eines Kleintransporters aus zu der Menge. Auf deren Forderungen nach einem Eingreifen der Armee und einer Schließung des Parlaments ging er dabei nicht ein. "Ihr müsst für Euer Land kämpfen", rief Bolsonaro den Demonstranten nur in allgemeinen Worten zu.

Wegen seiner Teilnahme an der Demonstration geriet Bolsonaro innenpolitisch stark in die Kritik. So nannte es der frühere Präsident Fernando Henrique Cardoso "beklagenswert, dass sich der Präsident einer antidemokratischen Kundgebung anschließt".

Bolsonaro ist ein scharfer Kritiker der Ausgangsbeschränkungen, die Regional- und Kommunalbehörden im Kampf gegen das neuartige Coronavirus verhängt haben und die von parlamentarischen Führungspersönlichkeiten unterstützt werden. Anfangs bezeichnete er die von dem Erreger ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 als "kleine Grippe" und den weltweiten Kampf gegen das Coronavirus als "Hysterie".

In der vergangenen Woche hatte der rechtsradikale Staatschef den populären Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta entlassen, mit dem er seit Wochen über Kreuz gelegen hatte. Der Ex-Minister ist ein Befürworter strikter Corona-Auflagen. Brasilien ist das lateinamerikanische Land mit der höchsten Zahl von registrierten Coronavirus-Infektionen. Bis Dienstag wurden dort rund 40.500 Ansteckungsfälle gezählt, mehr als 2500 Infizierte starben.

(A.Nikiforov--DTZ)

Empfohlen

Paus stellt Pläne für Demokratieförderprogramm vor - Finanzierung unter Vorbehalt

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat neue Schwerpunkte für das Demokratieförderprogramm des Bundes vorgestellt. In der dritten Förderperiode des Programms "Demokratie leben!" stünden unter anderem "Verschwörungsdenken und Hass im Netz" sowie strukturschwache Regionen im Fokus, erklärte Paus am Dienstag. Zudem werde die Förderperiode auf acht Jahre bis 2032 verlängert, um beteiligten Organisationen mehr Planungssicherheit zu geben. Allerdings steht die Finanzierung wegen des fehlenden Bundeshaushalts unter Vorbehalt.

Früherer Bundestagsabgeordneter Mutlu verlässt Grüne wegen Gelbhaar-Affäre

Wegen der Affäre um mutmaßlich erfundene Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ist der ehemalige Berliner Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu aus der Partei ausgetreten. Über den Schritt informierte Mutlu den Berliner Landesverband in einem Schreiben, das dem "Tagesspiegel" nach Angaben der Zeitung vom Dienstag vorlag.

EU-Digitalkommissarin Virkkunen verteidigt Digitalgesetz gegen "Zensur"-Vorwürfe

EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen hat die europäischen Regeln für Digitalkonzerne gegen "Zensur"-Vorwürfe von US-Tech-Unternehmern wie Elon Musk verteidigt. "Es kann nicht oft genug gesagt werden, dass der DSA keine Inhalte zensiert", sagte die Vizekommissionspräsidentin am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg. Das Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) überträgt geltende Gesetze auf die Online-Plattformen.

Bundesverfassungsgericht: Namensänderung bei Volljährigenadoption verfassungsgemäß

Auch Volljährige, die adoptiert werden, müssen den Namen ihrer Adoptiveltern annehmen. Das ist rechtmäßig und mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss entschied. Anders als der vorlegende Bundesgerichtshof (BGH) halten die Verfassungsrichter Ausnahmen nicht für erforderlich. (Az. 1 BvL 10/20)

Textgröße ändern: