Anklage erhebt schwere Vorwürfe gegen Ehemann von IS-Rückkehrerin Jennifer W.
Zum Auftakt des Prozesses gegen den Ehemann der IS-Rückkehrerin Jennifer W. hat die Bundesanwaltschaft am Freitag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main schwere Vorwürfe gegen den Angeklagten Taha A.-J. erhoben. Die Anklage legt dem 27-jährigen Iraker unter anderem Mord und Völkermord an den Jesiden zur Last. Er soll eine als Sklavin gekaufte fünfjährige Jesidin qualvoll verdursten lassen haben. A.-J. wurde im Oktober nach Deutschland ausgeliefert und sitzt seither in Untersuchungshaft.
Den Ermittlern zufolge schloss sich der 27-Jährige spätestens im März 2013 der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) an. Im Sommer 2015 soll er eine Frau und deren fünf Jahre alte Tochter gekauft haben, die als Sklavinnen bei W. und ihm leben mussten. Dies sei laut Anklage in der Absicht geschehen, die religiöse Minderheit der Jesiden zu zerstören. Er und W. hätten sich "Eigentumsrechte" an ihren Opfern angemaßt und sie zur Vollverschleierung gezwungen. Das Kind habe seinen jesidischen Namen nicht behalten dürfen.
A.-J. soll Mutter und Tochter unter anderem mehrfach mit der Faust, der bloßen Hand oder einem Besenstiel geschlagen und erniedrigt haben. Das Mädchen soll er als Strafe für das Urinieren auf eine Matratze bei Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius im Schatten im Freien an ein Fenster gefesselt haben, bis es in der Hitze starb. Er habe den Tod des Mädchens "billigend in Kauf genommen", hieß es in der Anklage. Die Mutter leide durch die Schläge bis heute an Schmerzen in der Schulter. Ihre Tochter habe vor ihrem Tod einmal nach Schlägen von A.-J. vier Tage lang "das Bett hüten müssen".
A.-J. verfolgte die Anklageverlesung bis auf ein gelegentliches Grinsen regungslos. "Das ist ein doppelter Schlag ins Gesicht der Opfer", kritisierte Düzen Tekkal, Gründerin des jesidischen Unterstützervereins Hawar Help, das Verhalten A.-J.s am Rande des Prozesses. Die Verteidigung des Angeklagten kündigte am Freitag an, vorerst keine Einlassung abgeben zu wollen.
Die Bundesanwaltschaft wolle über die konkret angeklagten Vorwürfe hinaus im Prozess zu Tage bringen, ob sich A.-J. die Strategie des IS bei seinen Taten zu eigen gemacht habe, sagte der Leipziger Völkerrechtler Alexander Schwarz am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Die Behörde wolle beweisen, "dass er die Jesiden subjektiv zerstören wollte". Die Bundesanwaltschaft habe sich selbst eine große Aufgabe gestellt. Da sie viel Erfahrung mit Völkerstrafrechtsprozessen gesammelt habe, sei er positiv gestimmt, dass das Verfahren erfolgreich zu Ende geführt werden könne, sagte Schwarz.
Bis Ende August sind noch 22 Verhandlungstage angesetzt. A.-J.s Frau Jennifer W. steht bereits seit rund einem Jahr in München vor Gericht. Auch hier geht es unter anderem um den Tod des jesidischen Mädchens.
(M.Dylatov--DTZ)