Politiker parteiübergreifend alarmiert wegen Corona-Verschwörungstheorien
Die weite Verbreitung von Verschwörungstheorien rund um die Corona-Pandemie veranlasst die Politik zum Handeln. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) kündigte an, das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz (IMK) zu besprechen, deren Vorsitz er derzeit innehat. Der SPD-Politiker zeigte sich im "Spiegel" alarmiert: "Die Vorstellung, dass die Pandemie bewusst herbeigeführt wurde, um das Volk zu kontrollieren, und dahinter Bill Gates oder andere vermeintlich finstere Mächte stecken, reicht bis weit in die Mitte der Gesellschaft."
Auch die Demonstrationen auf den Straßen bereiten dem IMK-Vorsitzenden Sorgen. "Wenn Menschen Kritik üben, ist das selbstverständlich in Ordnung", sagt Maier dem "Spiegel" vom Samstag. "Was uns alarmiert, ist der Versuch von Extremisten, die Proteste zu kapern."
Der CDU-Innenexperte Armin Schuster rief zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Corona-Protestgruppen wie "Nicht ohne uns" oder "Widerstand 2020" auf. "Diese Gruppen als Spinner abzutun, greift mir zu kurz", sagte Schuster der "Rheinischen Post" vom Samstag. "Wir müssen sie mit ihrem Unsinn politisch stellen und als Saboteure unseres weltweit beachteten Infektionsschutzerfolges entlarven."
Schuster, der auch Vorsitzender des Bundestagsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste ist, verlangte von den Sicherheitsbehörden Aufklärung, inwieweit rechte und linke Gruppierungen die Bewegungen unterwandern und für ihre verfassungsfeindlichen Ziele instrumentalisieren.
In mehreren deutschen Städten finden derzeit aus Protest gegen die wegen der Corona-Pandemie verhängten Beschränkungen regelmäßig Demonstrationen statt, unter anderem in Berlin und Stuttgart.
Auch Berlins Innensenator Andreas Geisel sieht Anlass zu Besorgnis. "Das Gefährliche daran ist, dass diese Leute mit ihren kruden Thesen auch Menschen erreichen, die eigentlich fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen", sagte er dem "Spiegel". "Die lassen sich dann für die Verbreitung von Verschwörungstheorien instrumentalisieren."
Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic wertete die Proteste als "ein bedenkliches Gemisch aus Verschwörungstheorien und gezielter Desinformation", das eine "hohe Anschlussfähigkeit nach rechts" habe. Mihalic kündigte in der "Rheinischen Post" an, ihre Fraktion werde zu dem Thema kommende Woche eine Anfrage an die Bundesregierung stellen.
Innen-Staatssekretär Markus Kerber sprach im "Spiegel" von einem "weltweiten Informationskampf" in der Corona-Krise. Das Bundesinnenministerium habe zu Beginn der Pandemie erst einen Anstieg von Desinformation und Propaganda aus dem Ausland festgestellt - mittlerweile verbreiteten sich Verschwörungstheorien auch im Inland, sagte der Staatssekretär. "Hier müssen wir dagegenhalten, mit Fakten, Transparenz und einer Verteidigung der Wissenschaft."
(V.Sørensen--DTZ)