Klimapläne der Union stoßen auf heftigen Widerstand
Klimapolitische Pläne der Unionsfraktion stoßen auf heftigen Widerstand. Die Vorschläge "zeigen die Inkompetenz der Union beim Klimaschutz und stehen im Widerspruch zu einer modernen Wirtschaftspolitik", kritisierte am Dienstag die Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Die Union erweist sich mal wieder als klimapolitischer Totalausfall", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.
Die Kritik richtet sich gegen ein Positionspapier, über das am Nachmittag in der Unionsfraktion beraten wurde. Darin bekennt sich die CDU/CSU zwar zu den deutschen Klimazielen und akzeptiert auch die von der EU-Kommission geplante Verschärfung der EU-Emissionsvorgaben. CDU und CSU fordern in diesem Zusammenhang aber zugleich, dass Deutschland zu dieser Emissionssenkung weniger beitragen soll, als es der bisher üblichen Lastenverteilung in der EU entsprechen würde.
"Während breite Teile der Wirtschaft nachdrücklich fordern, Klimaschutz zum Fundament des wirtschaftlichen Aufbaus nach der Corona-Krise zu machen, verfolgt die Unionsfraktion eine innovationsfeindliche Politik, die sich weder das Klima noch der Wirtschaftsstandort Deutschland leisten können", sagte die Greenpeace-Expertin Lisa Göldner der Nachrichtenagentur AFP. Sie forderte CDU und CSU auf, "sich endlich auf die Seite einer zukunftsfähigen Politik" zu stellen.
Hofreiter warf der Union vor, der EU-Kommission bei deren Anstrengungen für mehr Klimaschutz in den Rücken zu fallen. Er sprach von Trickserei, denn CDU und CSU wüssten genau, dass eine Änderung der Lastenverteilung "nicht funktionieren wird auf europäischer Ebene".
Der Grünen-Fraktionschef machte die Union auch für eine Blockade beim Ausbau erneuerbarer Energien verantwortlich. So verhinderten CDU und CSU "seit über einem Jahr die Aufhebung des Solardeckels", der die Solarförderung begrenzt, sagte Hofreiter. Zudem versuche sie, "die Windenergie platt zu machen".
"Die Unionsfraktion verhält sich absolut illoyal und verrät die eigenen Klimaziele", kritisierte die Grünen-Klimaexpertin Lisa Badum. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich Ende April auf dem internationalen Petersberger Klimadialog ausdrücklich hinter die EU-Kommissionspläne für schärfere Emissionsziele gestellt.
Der Treibhausgasausstoß soll demnach bis 2030 um 50 bis 55 Prozent verringert werden statt wie zuvor geplant lediglich um 40 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990. Dies würde auch Deutschland größere Klimaschutzanstrengungen abverlangen, was die Union in dem Papier ablehnt.
"Angesichts der jüngsten Beschlüsse müssen sich Bundeskanzlerin Merkel und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Frage stellen, ob sie noch in der richtigen Partei sind", erklärte der Präsident des Umwelt-Dachverbands Deutscher Naturschutzring, Kai Niebert. Er sprach von einem "Positionspapier zum Ausbremsen des europäischen Green Deal".
Der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin warf der Unionsfraktion einen versuchten "Klima-Putsch" gegen Merkel vor. Die CDU/CSU habe noch nicht begriffen, dass Umweltschutz und Jobs keine Widersprüche seien. Beutin forderte ein Corona-Konjunkturprogramm, das "Wiederaufbau, soziale Sicherheit und Klima zusammenbringt".
In dem umstrittenen Positionspapier verlangt die Union auch, einen Teil der Klimaschutzanstrengungen ins Ausland zu verlagern, indem dort erreichte Emissionsminderungen auf die nationalen oder EU-Emissionsziele angerechnet werden könnten. Außerdem setzen CDU und CSU für die Verringerung des Treibhausgasausstoßes auch auf die umstrittene CCS-Technik, also die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid.
(A.Nikiforov--DTZ)