Deutsche Tageszeitung - Tripolis lehnt Waffenstillstand mit libyschem General Haftar ab

Tripolis lehnt Waffenstillstand mit libyschem General Haftar ab


Tripolis lehnt Waffenstillstand mit libyschem General Haftar ab
Tripolis lehnt Waffenstillstand mit libyschem General Haftar ab / Foto: ©

Nach mehreren militärischen Niederlagen hat sich der libysche General Chalifa Haftar zu einem Waffenstillstand bereiterklärt. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi verkündete am Samstag in Kairo, Haftar willige in einen Waffenstillstand ab Montag ein. Die von der UNO anerkannte libysche Einheitsregierung lehnte das Angebot jedoch ab. Der Vormarsch der regierungstreuen Truppen auf die strategisch wichtige Stadt Sirte verlangsamte sich unterdessen.

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Al-Sisi forderte für seine "Kairo-Erklärung" internationale Unterstützung. Der Vorschlag sieht vor, dass sich "ausländische Söldner aus Libyen" zurückziehen, Milizen aufgelöst und ihre Waffen von Haftars Kämpfern beschlagnahmt werden. Somit solle verhindert werden, dass "extremistische Milizen" Kontrolle über Libyens Ressourcen bekämen.

Unterstützung für den Vorschlag kam aus Frankreich. Außenminister Jean-Yves Le Drian begrüßte in einem Telefonat mit seinem ägyptischen Kollegen den Vorstoß. Auch die Arabische Liga mit Sitz in Kairo unterstützte die Initiative. Bereits vergangene Woche hatte die UN-Gesandte Stephanie Williams neue Gespräche zu einem Waffenstillstand angekündigt.

Tripolis wies den Vorschlag aus Kairo jedoch zunächst zurück. Ein Sprecher der Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch sagte: "Wir haben diesen Krieg nicht angefangen, aber wir entscheiden, wann und wo er endet."

Die Truppen der Einheitsregierung rückten derweil auf die Stadt Sirte vor. Der Sprecher rief die lokalen Anführer auf, sich von Haftar abzuwenden und der Küstenstadt "die Schrecken des Krieges" zu ersparen.

Die Stadt Sirte hat als Zentrum der libyschen Öl-Wirtschaft und Brücke in den von Hafter kontrollierten Osten des Landes strategische Bedeutung. Der Vormarsch am Boden habe sich am Wochenende am Stadtrand von Sirte jedoch verlangsamt, hieß es aus Kreisen der Einheitsregierung. Ein Sprecher teilte am Samstag mit, die Luftwaffe habe "fünf Angriffe auf den Stadtrand von Sirte" geflogen. Die Soldaten hätten Befehle, "vorzurücken und alle Rebellenstellungen anzugreifen".

Mit militärischer Unterstützung aus der Türkei konnte die Einheitsregierung nach einer 14-monatigen Offensive Haftars gegen die Hauptstadt Tripolis zuletzt wichtige Positionen zurückerobern. In der vergangenen Woche meldete sie kurz nacheinander die Rückeroberung des internationalen Flughafens sowie der strategisch wichtigen Stadt Tarhuna 80 Kilometer weiter südlich.

Haftar bezeichnete den Rückzug seiner Kämpfer zunächst als "humanitäre Geste", bevor er am Samstag in einen Waffenstillstand einwilligte. Seit Beginn seiner Offensive vor mehr als einem Jahr wurden hunderte Menschen getötet und rund 200.000 Menschen in die Flucht getrieben.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte vergangene Woche gewarnt, dass die Kriegsparteien nahe Tripolis Kriegsverbrechen verübt haben könnten, darunter Plünderungen und das Anbringen von Anti-Personen-Minen in Wohnhäusern.

Die Nationale Libysche Ölgesellschaft erklärte am Sonntag auf ihrer Website einen Einbruch der Einnahmen aus dem Ölgeschäft um 97 Prozent verglichen mit April 2019. Die Verluste überstiegen fünf Milliarden Dollar (4,4 Milliarden Euro).

Der UN-Sicherheitsrat verlängerte am Freitag einstimmig die Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen um ein Jahr. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem "positiven Signal".

Bei einer internationalen Konferenz im Januar in Berlin waren Schritte zur Deeskalation in Libyen vereinbart worden. So verpflichteten sich die in den Konflikt verwickelten ausländischen Staaten, die Konfliktparteien nicht weiter zu unterstützen und das bestehende Waffenembargo einzuhalten. Es gelangten seither aber weiterhin Waffen ins Land. Die Einheitsregierung wird von Katar und der Türkei unterstützt, die Haftar-Truppen von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

(M.Dylatov--DTZ)

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