Gewerkschaften warnen SPD vor Vertrauensverlust
Die verhinderte Autokaufprämie im Konjunkturpaket der Bundesregierung belastet weiter das Verhältnis zwischen SPD und Gewerkschaften. Vor allem Gewerkschaftsvertreter aus der Autobranche kritisierten am Wochenende erneut den Kurs der SPD. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich aber überzeugt, dass es nicht zu einem dauerhaften Bruch mit den Gewerkschaften kommt.
Auslöser für den Streit ist die Absage an eine Autokaufprämie für Verbrenner im Konjunkturpaket der großen Koalition. Union und SPD hatten sich in ihrem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket lediglich auf eine stärkere Förderung von Elektroautos verständigt. Eine unter anderem von der Automobilbranche zuvor vehement geforderte Kaufprämie auch für Diesel und Benziner soll es aber nicht geben. Vor allem die IG Metall griff die SPD danach scharf an.
Bundesarbeitsminister Heil beschrieb das grundsätzliche Verhältnis mit den Gewerkschaften als konstruktiv. "Meine Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften funktioniert konstruktiv und vertrauensvoll und ist in ihren Grundfesten unerschütterlich", sagte der SPD-Minister der "Augsburger Allgemeinen" vom Samstag. Er sprach diesen eine "zentrale und gestaltende Rolle" bei der Modernisierung der Wirtschaft zu. Die Gewerkschaften seien "sozialer Innovationsmotor und starke Interessenvertreter von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern".
Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, sieht keinen Grundsatzkonflikt. "Es gibt einen handfesten Konflikt um ein Sachthema", sagte Hoffmann der "Augsburger Allgemeinen". Es könne jedoch nicht von einem Grundsatzkonflikt gesprochen werden. Er warnte die Sozialdemokraten zugleich in der "Welt am Sonntag": "Ihr müsst auch auf die Industrie und die Arbeitnehmer schauen, wenn ihr die AfD klein halten wollt."
Scharfe Kritik kam erneut von Betriebsrats- und Gewerkschaftsvertretern aus der Autobranche. Der Daimler-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht warf der Parteispitze vor, sie höre nicht zu, beantworte aber Fragen, die gar nicht gestellt worden seien. "Die ausgewogene Mitte fehlt", sagte er der "WamS". So könne sich die SPD als Volkspartei nicht halten. Brecht bezeichnete den Kurs der Parteiführung als "linkspopulistisch". Er frage sich, wer von den Beschäftigten in der Autobranche noch die Sozialdemokraten wählen solle.
Der Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, sprach von "ernsthaftem Ärger" in den Gewerkschaftsbezirken und bei den Betriebsräten der Autobranche. "Die SPD hat unsere Einwände nicht wahrgenommen", sagte Zitzelsberger der Zeitung. Es sei aber ein Fehler zu glauben, "man könne die Technologie von morgen fördern, ohne das Hier und Heute zu stabilisieren".
Kritik am Fokus auf Elektroautos kam auch aus der Energiewirtschaft. Für eine schnelle Steigerung der Produktion fehlten die Batterien, sagte der für Energiewirtschaft zuständige Vizepräsident des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), Guntram Pehlke, der "Welt am Sonntag". Ökologisch mache die Umstellung auf E-Mobilität außerdem nur Sinn, wenn zum Laden der Batterien ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien verwendet werde.
Er warf der SPD vor, sie wolle "linker sein als die Linke und grüner als die Grünen". Er glaube aber, "im Zweifelsfall wählen die Leute das Original".
(V.Sørensen--DTZ)