Walter-Borjans: Scholz für SPD-Kanzlerkandidatur "ernst zu nehmende Option"
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hält eine Kanzlerkandidatur von Finanzminister Olaf Scholz für möglich. "Dass Olaf Scholz eine ernst zu nehmende Option ist, bestreitet niemand", sagte Walter-Borjans den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Montag. Allerdings sei eine Entscheidung noch nicht gefallen, stellte der SPD-Chef weiter klar.
"Die immer mal wieder zu lesende These, dass Saskia Esken und ich uns gegen Olaf Scholz sträuben würden, ist großer Käse. Wir kooperieren eng und vertrauensvoll. Und zwar jeden Tag", wandte sich Walter-Borjans gegen entsprechende Spekulationen über ihn und Ko-Parteichefin Saskia Esken. Beide werden anders als Scholz dem linken Parteiflügel zugerechnet.
"Ich bin sicher, dass wir unsere Kandidatenfrage vor unseren Wettbewerbern klären. Wir müssen uns nicht danach richten, wie die anderen ihre K-Frage geklärt kriegen. Wir machen rechtzeitig einen Vorschlag", sagte Walter-Borjans weiter. Derzeit führten er und die Co-Vorsitzende Saskia Esken dazu Gespräche. Die Reihenfolge laute: "Zuerst Gespräche führen, dann entscheiden - und nicht umgekehrt."
Für das SPD-Wahlprogramm erwägen die Parteivorsitzenden nach den Worten von Walter-Borjans ein neues Format. "Ich möchte gerne weg von den klassischen SPD-Wahlprogrammen mit den 1000 Spiegelstrichen", sagte der SPD-Chef. Stattdessen stelle er sich "ein Wahlprogramm vor, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt - und aus ihrer Perspektive gedacht und erzählt wird".
So könne die Partei etwa aus der Perspektive einer 20-jährigen Frau - so alt sei wie das Jahrhundert - beschreiben, was am Land erhaltenswert sei und was geändert werden müsse, sagte Walter-Borjans. "Dazu gehören Fragen der Bildungs-, der Wohnungs-, der Umwelt, der Familien- und natürlich auch der Rentenpolitik."
Mehrere SPD-Politiker hatten sich in den vergangenen Wochen für eine Kanzlerkandidatur von Scholz ausgesprochen. Esken und Walter-Borjans wollen sich nach der Sommerpause dazu äußern, wer sich für die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl im Herbst 2021 um die Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel bewerben soll.
Kritiker einer Kandidatur von Scholz hatten in der Vergangenheit darauf hingewiesen, der Vizekanzler stehe zu sehr für die großen Koalition mit der Union. Angesichts der Umfragewerte der Sozialdemokraten, die in den meisten Befragungen bei etwa 15 Prozent und auf dem dritten Platz hinter CDU/CSU und Grünen liegen, war auch immer wieder die Frage gestellt worden, ob die SPD überhaupt einen Kanzlerkandidaten aufstellen solle.
(V.Sørensen--DTZ)