
Verbände appellieren vor Bauerndemos an Verantwortung aller Seiten

Vor der Großdemonstration von Bauern in Berlin haben Verbände an alle Seiten appelliert, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Der Bio-Dachverband BÖLW warnte vor einem "Schwarzer-Peter-Spiel" - sowohl Verbraucher als auch die Bauern selbst und die Politik müssten "ihre Hausaufgaben machen". So forderten Konsumenten mehr Tierwohl und Umweltschutz, seien aber nicht bereit, dafür zu zahlen. Die Landwirte täten sich schwer damit, "Veränderungsbedarf zu benennen", und die Politik schaffe nicht die richtigen Rahmenbedingungen.
Der Dachverband forderte die Politik daher auf anzuerkennen, "dass ein Umbau von Landwirtschaft und Ernährung unabdingbar ist und dass er Kosten verursacht". Diese könnten nicht allein den Bauern aufgebürdet werden. Die Agrarbranche selbst müsse die Probleme beim Namen nennen und ein "mutiges Zielbild" einer nachhaltigen Landwirtschaft entwickeln. Und schließlich trügen auch die Verbraucher mit ihrem Konsum Verantwortung.
Der Umweltschutzverband BUND erklärte zu den am Dienstag geplanten Protesten, der Ärger der Landwirte sei zwar "verständlich" und es sei legitim, dafür auf die Straße zu gehen. Die Demos transportierten jedoch "leider vor allem eine Blockade- und Verweigerungshaltung", obwohl die Bauern zum Dialog bereit seien.
Die Proteste "sollten sich viel stärker gegen die Landesbauernverbände und den Deutschen Bauernverband richten", erklärte der BUND. Denn diese hätten für einen Reformstau zu Lasten der bäuerlichen Strukturen gesorgt. So seien etwa der Umbau der Nutztierhaltung und eine Änderung des Düngerechts "jahrelang blockiert" worden.
Vor dem Brandenburger Tor werden am Dienstag rund 10.000 Bauern erwartet, die gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung demonstrieren wollen. Ihr Zorn richtet sich gegen das Agrarpaket der Regierung - zahlreiche Umwelt- und Naturschutzvorschriften gehen ihnen zu weit. So kritisieren die Landwirte etwa das geplante Insektenschutzprogramm und die Düngeverordnung.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) verteidigte unterdessen die Reformen. Der Nitratgehalt im Grundwasser sei zu hoch, was auch an der Düngung liege, und der Insektenschwund in Deutschland sei nachgewiesen, sagte sie im ARD-"Morgenmagazin" sowie im Sender rbb. Zugleich müssten die Bauern unterstützt werden.
Zugleich signalisierte Klöckner Verständnis für den Unmut der Bauern. "Wir stehen an der Seite unserer Bauern", sagte sie der "Bild"-Zeitung. Sie könne verstehen, dass sie auf die Straße gingen. "Viele unserer Bauern fühlen sich von der gesellschaftlichen Diskussion in die Ecke gestellt, pauschal verunglimpft als Umweltverschmutzer oder Tierquäler."
(M.Dorokhin--DTZ)