Mutter-Sein kostet Frauen noch immer Großteil des Einkommens
Kinder zu bekommen bedeutet für Frauen noch immer, deutlich weniger Einkommen in Kauf zu nehmen. Das sogenannte Lebenserwerbseinkommen von Frauen mit einem Kind ist durchschnittlich gut 40 Prozent niedriger als bei kinderlosen Frauen, wie aus einer am Montag veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Die Autoren beklagten angesichts des generellen Einkommensunterschieds zwischen Männern und Frauen eine "doppelte Ungleichheit" für Mütter.
Bekommt eine Frau drei oder mehr Kinder, beträgt der durchschnittliche Einkommensrückstand im Vergleich zu kinderlosen Frauen laut der Bertelsmann-Studie fast 70 Prozent. Für Männer hingegen bedeuten Kinder demnach keinen Einkommensverlust, je nach Alter verdienen Väter sogar deutlich mehr als kinderlose Männer.
Hauptgrund für die Ungleichheit ist der Studie zufolge, dass in Deutschland "faktisch nach wie vor das Modell des männlichen Ernährers" beziehungsweise der Frau als bloßer Zuverdienerin dominiert. Obwohl "Frauen Männern hinsichtlich ihrer Qualifikation für den Arbeitsmarkt in nichts nachstehen", seien sie häufiger nur in Teilzeit oder gar nicht erwerbstätig und gleichzeitig hauptverantwortlich für den Haushalt sowie die Betreuung von Kindern oder Angehörigen - und das unabhängig von ihrem Alter.
Eine frühere Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hatte im Frühjahr gezeigt, dass Männer über das Arbeitsleben hinweg beinah doppelt so viel Geld verdienen wie Frauen. Westdeutsche Männer kommen demnach auf ein durchschnittliches Gesamteinkommen von 1,5 Millionen Euro von ihrem 20. bis zum 60. Lebensjahr, westdeutsche Frauen hingegen nur auf 830.000 Euro. Im Osten verdienen Männer in dieser Zeitspanne 1,1 Millionen Euro, Frauen verdienen 660.000 Euro.
In der neuen Untersuchung wurde nun der Frage nachgegangen, wie stark diese Diskrepanz von der Entscheidung für Nachwuchs sowie der Kinderzahl abhängt. Der Simulationsrechnung zufolge werden sich lediglich kinderlose Frauen, die 1982 in Westdeutschland zur Welt kamen, mit voraussichtlich 1,3 Millionen Euro Einkommen in ihrem Erwerbsleben dem Einkommen gleichaltriger Männer annähern. Gleichaltrige Mütter mit einem Kind verdienen demnach 43 Prozent weniger - ein zweites Kind vergrößert die Lücke auf 54 Prozent, ein drittes auf 68 Prozent.
Die Studienautoren erwarteten, dass die Corona-Krise die Ungleichheit noch verstärkt. "Mögliche Gegenmaßnahmen reichen von einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf über eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijob-Regelungen bis hin zu einer besseren Entlohnung", schrieben sie. Außerdem sprachen sie sich für mehr Tarifverträge für die als systemrelevant eingestuften Berufe aus.
(M.Dorokhin--DTZ)