Deutsche Tageszeitung - Palästinenser: Mehr als 30 Tote bei israelischen Luftangriffen auf Gazastreifen

Palästinenser: Mehr als 30 Tote bei israelischen Luftangriffen auf Gazastreifen


Palästinenser: Mehr als 30 Tote bei israelischen Luftangriffen auf Gazastreifen
Palästinenser: Mehr als 30 Tote bei israelischen Luftangriffen auf Gazastreifen / Foto: © AFP

Bei der schlimmsten Eskalation der Gewalt im Nahen Osten seit mehr als einem Jahr sind nach palästinensischen Angaben im Gazastreifen mehr als 30 Menschen getötet und zudem mehr als 260 Menschen verletzt worden. Als Reaktion auf israelische Luftangriffe feuerte die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad am Wochenende mehr als 500 Raketen in Richtung Israel ab. Am Sonntag wurde erstmals seit Beginn der jüngsten Konfrontation Luftalarm in der Region um Jerusalem ausgelöst.

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Dem Gesundheitsministerium im Gazastreifen zufolge wurden bei den seit Freitag andauernden israelischen Angriffen unter anderem sechs Kinder getötet. Die israelischen Behörden bestritten die von den palästinensischen Behörden genannte Opferzahl und machten für den Tod mehrerer palästinensischer Kinder in Dschabalia im Norden des Gazastreifens einen fehlgeschlagenen Raketeneinsatz des Islamischen Dschihad verantwortlich.

Israels Regierungschef Jair Lapid sprach von einem "präzisen Anti-Terror-Einsatz gegen eine unmittelbare Bedrohung". Der Islamische Dschihad sei eine "Hilfstruppe des Iran, die den Staat Israel zerstören und unschuldige Israelis töten will". Nach Angaben der israelischen Armee trafen ihre Angriffe 139 Stellungen des Islamischen Dschihad. Die gesamte Spitze des militärischen Flügels des Islamischen Dschihad im Gazastreifen sei "neutralisiert" worden.

Der Islamische Dschihad ist die zweitstärkste militante Gruppe in den Palästinensergebieten nach der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Sie ist eng mit dem Iran verbunden und feuert immer wieder Raketen auf Israel. Nach israelischen Angaben wurden parallel zu den Luftangriffen auf den Gazastreifen bei Razzien im Westjordanland 40 Mitglieder des Islamischen Dschihad festgenommen, darunter zwei Anführer der radikalen Organisation.

In Israel erlitten infolge des Beschusses aus dem Gazastreifen nach Angaben des Rettungsdienstes zwei Menschen Verletzungen durch Raketensplitter. Weitere 13 Menschen wurden verletzt, als sie sich in Sicherheit bringen wollten.

Unter anderem ertönte am Sonntagmorgen erstmals seit der neuen Eskalation im rund 60 Kilometer vom Gazastreifen entfernten Jerusalem Luftschutzsirenen, der Islamische Dschihad bekannte sich zu Raketenangriffen auf die Stadt. Der israelische Raketenschutzschild Iron Dome fing die Flugkörper der israelischen Armee zufolge aber ab, insgesamt sei dies bei 97 Prozent der Raketen gelungen. Am Samstag hatten auch in der Küstenmetropole Tel Aviv die Luftschutz-Sirenen aufgeheult, der Islamische Dschihad bestätigte einen "umfangreichen Raketenbeschuss" der Stadt.

Im Gazastreifen kam infolge der Eskalation das öffentliche Leben nahezu zum Erliegen. Wegen der von Israel vorgenommenen Schließung der Grenzübergänge musste nach Angaben der Betreiberfirma am Samstag das einzige Kraftwerk in dem Palästinensergebiet abgeschaltet werden, weil kein Diesel mehr in die Enklave gelangte. Dem Gesundheitsministerium in Gaza zufolge besteht die Gefahr, dass lebenswichtige Dienste wegen Strommangels eingestellt werden müssen.

Ägypten versucht nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwischen Israel und dem Islamischen Dschihad zu vermitteln. Ein israelischer Armeesprecher sagte jedoch am Samstag, die Streitkräfte bereiteten sich auf einen einwöchigen Einsatz vor. Regierungschef Lapid bekräftigte am Sonntag, der Einsatz werde "so lange anhalten wie nötig".

Die Bundesregierung äußerte sich beunruhigt. Die Entwicklungen im Gazastreifen und in Israel seien "Anlass zu großer Sorge", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Sonntag in Berlin. Der Raketenbeschuss israelischer Städte und Gemeinden müsse "sofort aufhören". Israel könne sich wie jeder andere Staat auf das Selbstverteidigungsrecht berufen, unterstrich die Sprecherin zudem. Zivilisten dürften aber "niemals das Ziel von Angriffen sein".

Die jetzige Gewalteskalation ist die heftigste im Gazastreifen seit Mai vergangenen Jahres. Die im Gazastreifen seit 2007 regierende radikalislamische Hamas hatte damals Raketen Richtung Israel abgefeuert, woraufhin die israelische Luftwaffe Ziele im Gazastreifen bombardierte. Während der elftägigen Gefechte wurden im Gazastreifen mehr als 260 Menschen getötet, in Israel gab es 13 Tote.

(G.Khurtin--DTZ)