Deutsche Tageszeitung - Bundestag gedenkt erstmals besonders der queeren Opfer des Nationalsozialismus

Bundestag gedenkt erstmals besonders der queeren Opfer des Nationalsozialismus


Bundestag gedenkt erstmals besonders der queeren Opfer des Nationalsozialismus
Bundestag gedenkt erstmals besonders der queeren Opfer des Nationalsozialismus / Foto: © AFP/Archiv

Mit einer feierlichen Gedenkstunde hat der Bundestag am Freitag in besonderem Maße der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung gedacht, die sexuellen Minderheiten angehören. Es ist das erste Mal, dass queere Opfer im Mittelpunkt des Holocaust-Gedenktags stehen, den der Bundestag jedes Jahr mit einer Veranstaltung am 27. Januar begeht. Diese Opfergruppe habe "lange um ihre Anerkennung kämpfen" müssen, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) in ihrer Rede.

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Viele homosexuelle Männer seien in der NS-Zeit zu langen Haftstrafen verurteilt, zur Sterilisation gezwungen und oft auch in Konzentrationslagern ermordet worden, erinnerte Bas. Doch "auch lesbische Frauen waren vor Verfolgung keineswegs sicher", fügte sie hinzu.

Zudem habe für queere Menschen auch das Ende des Nationalsozialismus kein Ende staatlicher Verfolgung gebracht, das Verbot der Homosexualität galt weiter. Erst 1994 sei der Strafrechtsparagraf 175 vollständig gestrichen worden. "Es dauerte noch einmal viele Jahre, bis alle Urteile aufgehoben wurden", sagte die Bundestagspräsidentin. Auch sei erst spät angefangen worden, an ihre Verfolgungsgeschichte zu erinnern.

"Wir gedenken aller Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt, beraubt, gedemütigt, ausgegrenzt, entrechtet, gequält und ermordet wurden", betonte Bas. Konkret nannte sie Jüdinnen und Juden, Opfer der deutschen Besatzungsherrschaft und Vernichtungspolitik insbesondere in Mittel- und Osteuropa, Sinti und Roma, Opfer der Euthanasie, Verfolgte wegen ihrer politischen Überzeugung oder ihres Glaubens, Angehörige sexueller Minderheiten, als "asozial" Diffamierte, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Die jüdische Holocaust-Überlebende Rozette Kats erzählte das Schicksal ihrer in Auschwitz ermordeten Familie. Sie begrüßte ausdrücklich das Gedenken auch an die queeren Opfer des Nationalsozialismus, denn "ich erkenne wichtige Gemeinsamkeiten mit meinem eigenen Leben". Weitere Rednerinnen und Redner erinnerten an die Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus, deren Lebensgeschichten exemplarisch für die Verfolgung sexueller Minderheiten während des Nationalsozialismus sind.

(L.Møller--DTZ)