Deutsche Tageszeitung - Großbritannien startet in neue Ära jenseits der EU

Großbritannien startet in neue Ära jenseits der EU


Großbritannien startet in neue Ära jenseits der EU
Großbritannien startet in neue Ära jenseits der EU / Foto: ©

Für Großbritannien hat mit dem Jahreswechsel eine neue Ära begonnen: Mit dem Austritt aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion wurde in der Nacht zum Freitag der Brexit endgültig vollzogen. Premierminister Boris Johnson sprach von einem "großartigen Moment" für das Königreich. Das befürchtete Verkehrschaos wegen neuer Zollauflagen blieb an den Knotenpunkten zunächst aus.

Textgröße ändern:

Um 23.00 Uhr (00.00 Uhr MEZ) läutete der Glockenschlag von Big Ben in London das neue Kapitel in der Geschichte des Landes ein - nach 47 Jahren als Teil der europäischen Staatengemeinschaft. Mit dem 1. Januar endete auch die bislang für 500 Millionen Menschen geltende Freizügigkeit zwischen Großbritannien und 27 EU-Staaten.

"Wir halten unsere Freiheit in unseren Händen und es liegt an uns, das Beste daraus zu machen", sagte Johnson in seiner Neujahrsansprache. Das Vereinigte Königreich könne die Dinge künftig "anders - und wenn nötig besser - als unsere Freunde in der EU handhaben". Das Land könne "Handelsabkommen rund um die Welt" abschließen. Dem "Daily Telegraph" sagte Johnson, es komme nun darauf an, in jenen Sektoren, "in denen wir besonders gut sind, einen Turbo-Start hinzulegen".

Johnsons Euphorie teilte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon nicht: "Schottland wird bald wieder in Europa sein", schrieb sie auf Twitter. Sturgeon ist entschlossen, ein neues Referendum über die Unabhängigkeit vom Vereinten Königreich abzuhalten und bei einem positiven Ausgang Schottland wieder Mitglied der EU werden zu lassen.

Nach Jahrzehnten ohne rigorose Zollkontrollen zwischen Großbritannien und dem EU-Festland wurden diese nun wieder eingeführt. Am Eurotunnel-Terminal in Calais begannen französische Beamte pünktlich um Mitternacht mit der Umsetzung der neuen Regeln - beginnend mit einem Lkw, der aus Rumänien kam und Post und Pakete transportierte. Rund 200 Lastwagen durchquerten den Tunnel unter dem Ärmelkanal in der Nacht zum Freitag "ohne Probleme", wie die Betreiber-Gruppe des Tunnels, Getlink, mitteilte.

Auch auf englischer Seite gab es keine Verspätungen bei der Abwicklung der neuen Ausfuhrformalitäten. Auf dem Weg zur Anlegestelle in Dover mussten die Lastwagenfahrer lediglich negative Corona-Tests vorweisen, um auf die Fähre zu gelangen. Anwohner Alan Leigh sagte der Nachrichtenagentur AFP während seines Neujahrsspaziergangs an den berühmten weißen Klippen von Dover, es sei "gut zu sehen, dass der Hafen seine Arbeit erledigt hat und es keinen Rückstau gibt".

Für die nächsten Tage wird zunächst ohnehin mit wenig Handelsverkehr gerechnet. Die Behörden gehen davon aus, dass der Härtetest für den Grenzverkehr unter neuen Vorzeichen in der kommenden Woche stattfinden wird.

Großbritannien war zum 1. Februar als erstes Land in der Geschichte der europäischen Staatengemeinschaft aus der EU ausgetreten. Das Post-Brexit-Abkommen, das zahlreiche Handels- und Zollfragen regelt, war erst in letzter Minute am 24. Dezember vereinbart worden. Das Abkommen soll Chaos in den beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen verhindern - ohne den Deal hätten ab Freitag Lieferprobleme und lange Grenzstaus gedroht.

Für einen regulären Ratifizierungsprozess mit der Zustimmung durch das EU-Parlament reichte die Zeit bis zum Jahresende nicht mehr aus. Daher sollen die vereinbarten Regeln zunächst mindestens bis zum 28. Februar übergangsweise angewandt werden. Nach Einschätzung der Road Haulage Association müssen ab sofort täglich 220 Millionen Formulare ausgefüllt werden, um den Handelsaustausch zwischen Großbritannien und der EU zu organisieren.

Wenige Stunden vor dem endgültigen Vollzug des Brexit waren am Donnerstag auch die letzten Stolpersteine aus dem Weg geräumt worden: So erzielten die Regierungen in London und Madrid eine Grundsatzeinigung über die künftigen Regeln für Gibraltar. Für die britische Exklave sollen künftig die Bestimmungen des Schengen-Abkommens gelten. Damit sind Grenzübertritte ohne Passkontrolle weiterhin möglich.

(I.Beryonev--DTZ)

Empfohlen

Weißes Haus: Witkoff trifft Selenskyj und europäische Staatenlenker am Wochenende in Berlin

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff trifft sich am Wochenende mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Staatenlenkern in Berlin. Das sagte ein Vertreter des Weißen Hauses am Freitag (Ortszeit) der Nachrichtenagentur AFP, der einen entsprechenden Bericht des "Wall Street Journal" bestätigte.

Venezolanische Oppositionspolitikerin Machado fordert mehr Druck auf Maduro

Die venezolanische Oppositionspolitikerin und Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado hat mehr Druck auf den linksnationalistischen Präsidenten Nicolás Maduro gefordert. "Ich werde zunehmenden Druck begrüßen, damit Maduro versteht, dass er gehen muss, dass seine Zeit vorbei ist", sagte Machado in am Freitag veröffentlichten Ausschnitten eines Interviews mit dem US-Sender CBS in Oslo auf die Frage, ob sie eine mögliche militärische Intervention der USA zur Absetzung Maduros unterstützen würde.

USA setzen weiter Kampfjets vor Venezuela ein - Stabwechsel beim Kommando

Kampfjets und Überwachungsdrohnen: Die USA setzen ihre Militärflüge vor der Küste Venezuelas fort, wie Auswertungen der Nachrichtenagentur AFP ergaben. Vor dem Hintergrund der Spannungen quittierte indes der bisherige US-Befehlshaber für Lateinamerika (Southcom), Admiral Alvin Holsey, am Freitag offiziell seinen Posten und übergab das Kommando an den Generalmajor der Luftwaffe, Evan Pettus.

Trump schwört Thailand und Kambodscha erneut auf Frieden ein

US-Präsident Donald Trump hat Thailand und Kambodscha im Grenzkonflikt erneut auf einen Frieden eingeschworen. Trump schrieb in seinem Onlinedienst Truth Social, der thailändische Regierungschef Anutin Charnvirakul und der Ministerpräsident von Kambodscha, Hun Manet, hätten ihm telefonisch ein Ende aller Feindseligkeiten ab Freitagabend zugesagt. Beide Länder seien nun bereit "zum Frieden und fortgesetzten Handel mit den Vereinigten Staaten von Amerika".

Textgröße ändern: