Deutsche Tageszeitung - Staatsanwaltschaft spricht sich vor neuer Anhörung für Haftstrafe für Nawalny aus

Staatsanwaltschaft spricht sich vor neuer Anhörung für Haftstrafe für Nawalny aus


Staatsanwaltschaft spricht sich vor neuer Anhörung für Haftstrafe für Nawalny aus
Staatsanwaltschaft spricht sich vor neuer Anhörung für Haftstrafe für Nawalny aus / Foto: ©

Unmittelbar vor einer neuen Gerichtsanhörung von Alexej Nawalny hat die russische Staatsanwaltschaft den Druck auf den Kreml-Kritiker erhöht. Der Antrag der Strafvollzugsbehörde auf Umwandlung einer existierenden Bewährungs- in eine Haftstrafe sei "legal und berechtigt", erklärte die Staatsanwaltschaft in Moskau. Nawalny drohen damit am Dienstag zweieinhalb Jahre Haft. Die Bundesregierung und die EU verurteilten derweil die Gewalt russischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten.

Textgröße ändern:

"Die zehntausenden russischen Bürger, die landesweit in über hundert Städten auf die Straße gingen, konnten sich auf die in der russischen Verfassung und in internationalen Menschenrechtsverträgen verbrieften Rechte berufen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz am Montag in Berlin. "Doch der russische Staat gewährleistet diese Rechte den friedlich demonstrierenden Bürgern nicht." Die Bundesregierung rufe die russische Führung auf, "die Gewaltmaßnahmen zu beenden und die Ausübung bürgerlicher Rechte und Freiheiten zu garantieren".

Der Kreml wies die Kritik zurück: "Wir reden hier über illegale Demonstrationen", sagte Präsidentensprecher Dmitri Peskow. "Natürlich muss die Polizei Maßnahmen gegen Teilnehmer an diesen illegalen Demonstrationen ergreifen - daher die Zahl der Verhafteten."

Die Bundesregierung forderte zudem die Freilassung Nawalnys. Dieser muss am Dienstag erneut in Moskau vor Gericht erscheinen. Bei der Anhörung geht es um einen Antrag der Strafvollzugsbehörde (FSIN). Sie wift Nawalny vor, gegen Bewährungsauflagen eines Urteils von 2014 verstoßen zu haben. Dabei war er unter dem Vorwurf der Unterschlagung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, allerdings wurde die Strafe auf Bewährung ausgesetzt.

Diese Bewährung will die FSIN nun zurückziehen und die Gefängnisstrafe gelten lassen. Da Nawalny einen Teil der Strafe bereits im Hausarrest abgesessen hat, drohen dem 44-Jährigen laut seinem Anwalt etwa zweieinhalb Jahre Haft.

Mit Verweis auf den Verstoß gegen Bewährungsauflagen hatten die russischen Behörden bereits die Festnahme von Nawalny unmittelbar nach seiner Rückkehr in sein Heimatland aus Deutschland Mitte Januar begründet: Nawalny sei unter anderem während seines Aufenthalts in Deutschlands seiner Pflicht nicht nachgekommen, sich zweimal monatlich bei den Behörden zu melden. In Deutschland war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag behandelt worden, durch den er beinahe getötet worden wäre und für den er den Kreml verantwortlich macht.

Der Kreml-Kritiker war zunächst im Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Vom Gefängnis aus hatte er zu den Protesten der vergangenen zwei Wochenenden aufgerufen. Am Sonntag war dabei auch seine Frau Julia festgenommen worden. Sie wurde am Montag zu einer Geldstrafe von umgerechnet 220 Euro verurteilt.

Der EU-Außenbeauftragter Josep Borrell will am Donnerstag nach Moskau reisen. Er wolle dabei gegenüber der russischen Regierung auch "die weitverbreiteten Festnahmen" ansprechen, sagte ein Sprecher in Brüssel. "Die Anwendung von Gewalt gegen Menschen, die ihre politische Meinung sagen wollen, ist unakzeptabel."

Es gebe zudem derzeit Gespräche über ein mögliches Treffen mit Nawalny, sagte der Sprecher Borrells weiter. Hierzu sei die EU mit dessen Unterstützern in Kontakt. Es sei aber letztlich an den russischen Behörden zu entscheiden, ob solch ein Treffen stattfinden könne.

(S.A.Dudajev--DTZ)

Empfohlen

Unionsfraktion will Einbindung von Bundestag bei EU-Nutzung von Russland-Vermögen

Die Unionsfraktion fordert eine Einbindung des Bundestags, falls Deutschland im Zusammenhang mit den Plänen zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögen für die Unterstützung der Ukraine finanzielle Verpflichtungen eingeht. Es handle sich hier um ein "Thema mit gravierenden Auswirkungen", sagte Unionsparlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) am Dienstag in Berlin. "Der Bundestag muss sich auf jeden Fall damit beschäftigen."

Albanese: Schützen von Sydney offenbar von "Ideologie des Islamischen Staates" motiviert

Zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag auf eine jüdische Feier am Bondi Beach in Sydney hat sich der Verdacht auf ein islamistisches Motiv erhärtet. Die mutmaßlichen Täter seien offenbar Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gewesen, sagte Australiens Premierminister Anthony Albanese am Dienstag im Sender ABC. Die Verdächtigen waren im November in die Philippinen gereist, um die von islamistischen Unruhen geprägte Region Mindanao zu besuchen, wie philippinischen Behörden bestätigten.

Rechtsextreme Musik auf Weihnachtsmarkt: Staatsschutz ermittelt in Niedersachsen

Auf einem Weihnachtsmarkt im niedersächsischen Otterndorf soll an mehreren Tagen hintereinander rechtsextreme Musik mit volksverhetzenden und antisemitischen Texten abgespielt worden sein. Die Polizei in Cuxhaven ermittelte nach eigenen Angaben vom Dienstag unter anderem aufgrund entsprechender Videobeiträge in sozialen Netzwerken. Abgespielt wurden demnach auch Lieder der gerichtlich als kriminelle Vereinigung eingestuften deutschen Neonaziband Landser. Die Täter waren unbekannt.

Neffe von Thailands Ex-Regierungchef Thaksin als Spitzenkandidat für Wahl im Februar nominiert

Inmitten des wiederaufgeflammten Grenzkonflikts mit Kambodscha hat die Partei des früheren thailändischen Regierungschefs Thaksin Shinawatra dessen Neffen zu ihrem Spitzenkandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten bei der bevorstehenden Parlamentswahl aufgestellt. Die Pheu-Thai-Partei nominierte am Dienstag Yodchanan Wongsawat zu ihrem Spitzenkandidaten bei der für den 8. Februar angesetzten Parlamentswahl. Der 46-Jährige Biomedizintechniker ist der Sohn von Ex-Regierungschef Somchai Wongsawat und Thaksins Schwester Yaowapa Wongsawat.

Textgröße ändern: