Deutsche Tageszeitung - Früherer EZB-Chef Draghi mit Regierungsbildung in Italien beauftragt

Früherer EZB-Chef Draghi mit Regierungsbildung in Italien beauftragt


Früherer EZB-Chef Draghi mit Regierungsbildung in Italien beauftragt
Früherer EZB-Chef Draghi mit Regierungsbildung in Italien beauftragt / Foto: ©

Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, soll Italien aus der Krise führen: Am Mittwoch beauftragte Staatschef Sergio Mattarella den 73-Jährigen mit der Regierungsbildung, wie ein Sprecher des Präsidenten mitteilte. Zuvor waren Sondierungsgespräche für eine Neuauflage der bisherigen Koalition gescheitert. Draghi wird nun prüfen, ob er im Parlament eine Mehrheit für eine Expertenregierung findet. Die größte Fraktion im Parlament, die Fünf-Sterne-Bewegung, äußerte bereits Vorbehalte.

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Der Wirtschaftsexperte Draghi rief die zerstrittenen Parteien nach seinem Gespräch mit Mattarella zur "Einheit" in dieser für Italien "schwierigen" Zeit auf. Der frühere EZB-Chef verwies auf die großen Herausforderungen, mit denen die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone konfrontiert ist: Die Corona-Pandemie müsse besiegt, die Impfkampagne fortgesetzt und das Land wieder aufgebaut werden.

Draghi muss nun Gespräche mit den größten Fraktionen im Parlament führen, um eine stabile Mehrheit zu finden. Der Vorsitzende der Kleinpartei Italia Viva (IV), Matteo Renzi, hatte bereits vor Draghis offizieller Beauftragung Unterstützung signalisiert.

Auch der Vorsitzende der PD (Demokratische Partei), Nicola Zingaretti, zeigte sich "offen für einen Dialog zum Wohle des Landes". Mehrere Vertreter der rechtsgerichteten Forza Italia um den ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi sprachen sich ebenfalls für Draghi aus.

Die größte Fraktion im Parlament, die Fünf-Sterne Bewegung, ist in der Frage jedoch gespalten. Vito Crimi, Spitzenpolitiker der Partei, lehnte eine Expertenregierung unter Draghi ab. "Diese Art der Regierung wurde bereits in der Vergangenheit eingesetzt, mit äußerst negativen Folgen für die italienischen Bürger", erklärte er.

Mit dem Zerbrechen der Koalition und dem Rücktritt des parteilosen Regierungschefs Giuseppe Conte wurde Italien mitten in einer beispiellosen Krise in politische Unsicherheit gestürzt. Italien war das erste europäische Land, das mit voller Wucht von der Corona-Pandemie getroffen wurde. Die Wirtschaft rutschte in die schwerste Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Drängendste Aufgabe der neuen Regierung wird es sein, Brüssel bis Ende April Pläne für den Einsatz von 200 Milliarden Euro EU-Hilfsgeldern für den Wiederaufbau nach der Corona-Krise vorzulegen. Die Pläne sind Voraussetzung für die Auszahlung der Gelder.

Conte hatte vergangene Woche seinen Rücktritt erklärt, nachdem die von ihm angeführte Mitte-Links-Koalition am Streit um die Verwendung der Corona-Hilfsgelder zerbrochen war. Der IV-Vorsitzende Matteo Renzi hatte das Bündnis mit der PD und der Fünf-Sterne-Bewegung aufgekündigt. Er warf Conte eine Verschwendung von Milliardenmitteln vor und forderte deren sinnvolleren Einsatz.

Conte, der gehofft hatte, unter neuen Vorzeichen erneut Regierungschef werden zu können, übt das Amt des Ministerpräsidenten auf Bitte des Staatschefs zunächst weiter geschäftsführend aus.

Die bisherigen Koalitionspartner konnten sich bis Dienstag nicht auf eine Neuauflage ihres Regierungsbündnisses einigen. Neuwahlen inmitten der Krise schloss Präsident Mattarella aus. Er sprach sich am Dienstag stattdessen für eine "hochkarätige" Einheitsregierung unter einem unabhängigen Regierungschef aus.

Draghi, der wegen seines Umgangs als EZB-Chef mit der Eurokrise den Spitznamen "Super Mario" trägt, war bereits in den vergangenen Wochen als möglicher Nachfolger Contes gehandelt worden, hatte sich aber lange bedeckt gehalten.

Der 73-Jährige ist für seine Diskretion, Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit bekannt. 2012 gelang es ihm als EZB-Chef mit seiner Versicherung, "alles Notwendige" zu tun, um den Euro zu retten, die Finanzmärkte zu beruhigen und so entscheidend zur Rettung der Währungszone in der Eurokrise beizutragen.

(W.Novokshonov--DTZ)

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