Deutsche Tageszeitung - Warnungen vor weiteren Corona-Lockerungen angesichts steigender Infektionszahlen

Warnungen vor weiteren Corona-Lockerungen angesichts steigender Infektionszahlen


Warnungen vor weiteren Corona-Lockerungen angesichts steigender Infektionszahlen
Warnungen vor weiteren Corona-Lockerungen angesichts steigender Infektionszahlen / Foto: ©

Wenige Tage vor der neuen Bund-Länder-Spitzenrunde zu den Corona-Maßnahmen zeichnet sich noch keine einheitliche Linie ab. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, riet angesichts steigender Infektionszahlen von weiteren Lockerungen ab. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußerte sogar Bedauern über die erst vergangene Woche in Kraft getretenen Öffnungen. Aus den Ländern kamen aber auch Rufe nach weiteren Öffnungsschritten, die durch strenge Schutzkonzepte abgesichert werden sollten.

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Ärztekammerpräsident Reinhardt mahnte im SWR: "Angesichts unserer Situation und auch mit Blick auf die Impfstoff-Lieferungen und der Langsamkeit, mit der wir derzeit impfen müssen, muss man weiter vorsichtig sein." Einen härteren Lockdown hält Reinhardt allerdings auch nicht für vermittelbar. Es müsse eine "Balance" gefunden werden. Soziales Leben müsse möglich sein. Zugleich dürfe das Land nicht in eine zu starke dritte Welle laufen.

Der wissenschaftliche Leiter des Intensivbettregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Christian Karagiannidis, forderte eine konsequente Einhaltung der Notbremse zur Rücknahme bereits erfolgter Lockerungen. Derzeit gebe es 3000 Corona-Intensivpatienten, ähnlich wie im Oktober, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Donnerstag.

"Wenn wir jetzt beim Impfen nachlassen, bei den Lockerungen bleiben und die Inzidenz bis 200 laufen lassen, dann können es 5000 bis 6000 Patienten werden", sagte er. Damit würden die Kliniken an die absoluten Kapazitätsgrenzen geraten.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) bedauert nach eigenen Worten inzwischen die Beschlüsse der jüngsten Bund-Länder-Runde zu weiteren Lockerungen. Es sei der zweite und dritte Schritt vor dem ersten gemacht worden, sagte er am Mittwochabend dem ZDF-Format "heute live". "Wir haben nicht diese Testkapazitäten, wir haben nicht diese sicheren Kontakte, und deswegen haben wir jetzt eine steigende Inzidenz und das ist sehr gefährlich."

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) warb mit Blick auf die bevorstehende Bund-Länder-Spitzenrunde am Montag dafür, Konzepte für Lockerungen der Corona-Auflagen in Modellregionen zu testen. Dreyer will am Montag nach eigenen Angaben unter anderem über die Außengastronomie sprechen. "Ich will lieber, dass die Menschen bei uns Wandern und mit Abstand und Hygiene in ein Gartenlokal gehen können, statt für die Osterferien nach Mallorca zu fliegen und uns möglicherweise Infektionen einzuschleppen", sagte die SPD-Politikerin der "Welt".

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sprach sich derweil für Öffnungen im Hotel- und Gastgewerbe über Ostern aus. Mit einer "klugen Test- und Test-App-Strategie" müsse eine Erholung im eigenen Land möglich sein, sagte Althusmann der "Bild"-Zeitung. "Die Hotellerie hat ausgefeilte Hygiene-Konzepte, die ein Höchstmaß an Sicherheit bieten."

Mit seiner Forderung geht Althusmann unter anderem auf Gegenkurs zu Bayern und Sachsen. Die Landesregierungen beider Länder lehnen Öffnungen über Ostern ab.

Die jüngsten Lockerungen der Corona-Einschränkungen könnten die Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle in Deutschland um ein Viertel erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Der durch die Lockerungen ermöglichte Wiederanstieg der wirtschaftlichen Mobilität führe zu mehr Kontakten unter Menschen - und diese Kontakte seien "ein wesentlicher Einflussfaktor für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus". Dies gelte umso mehr, als die Lockerungen "bislang nicht mit einer systematischen Teststrategie einhergehen - und auch der Impffortschritt bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück", heißt es in der Studie.

(U.Beriyev--DTZ)

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