
Abgesetzter myanmarischer Botschafter in London bittet um Hilfe für sein Land

Der abgesetzte myanmarische Botschafter in London hat um internationale Hilfe für sein Land gebeten, das seit mehr als zwei Monaten von einer Militärjunta regiert wird. "Bitte, helfen Sie unserem Land, denn ohne Ihre Hilfe werden wir uns aus diesem Chaos nicht befreien können", sagte Kyaw Zwar Minn am Donnerstag in London. Die USA verhängten derweil neue Sanktionen gegen ein Staatsunternehmen in Myanmar.
Der abberufene Botschafter erklärte, dass sein Militärattaché und Stellvertreter Chit Win die diplomatische Vertretung in einer "Art Putsch" übernommen habe. Chit Win und seine Leute bedrohten das Botschaftspersonal mit schweren Strafen, falls sie nicht für die Junta in Myanmar arbeiten wollten, fügte der Botschafter hinzu.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff, forderte die Bundesregierung auf, den Militärattaché Myanmars in Deutschland sofort auszuweisen. An der Botschaft Myanmars in Berlin dürfe es keinen "diplomatischen Putsch" wie in London geben, erklärte Lambsdorff am Donnerstag in Berlin. Es gehe in der gegenwärtigen Situation "darum, den internationalen Druck auf die Militärjunta zu erhöhen, um das brutale Vorgehen gegen friedliche Demonstranten schnellstmöglich zu beenden".
Die britische Regierung erklärte, dass sie die Abberufung des myanmarischen Botschafters in London hinnehmen müsse. Die Militärjunta in Myanmar habe die Abberufung des Diplomaten formell mitgeteilt, hieß es aus britischen Regierungskreisen. Entsprechend den diplomatischen Regeln müsse diese Entscheidung anerkannt werden.
Kyaw Zwar Minn verbrachte die Nacht zum Donnerstag in seinem Auto vor der Botschaft. An der Rückscheibe war ein Bild der von der Junta abgesetzten bisherigen Regierungschefin Aung San Suu Kyi angebracht.
Der britische Außenminister Dominic Raab verurteilte in einer Twitter-Nachricht die "Einschüchterung" durch die Militärregierung in Myanmar und würdigte den "Mut" des abgesetzten Botschafters.
Seit dem Militärputsch am 1. Februar geht die Armeeführung in Myanmar äußerst brutal mit Tränengas, Gummigeschossen und scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Nach Angaben einer örtlichen Hilfsorganisation für politische Gefangene (AAPP) wurden fast 600 Menschen bislang bei den Protesten getötet, darunter fast 50 Kinder.
Großbritannien, die ehemalige Kolonialmacht Myanmars, gehört zu den schärfsten Kritikern der Militärjunta. Erst vergangene Woche hatte London weitere Sanktionen gegen die Generäle in dem südostasiatischen Land verhängt.
Unterdessen kündigten die USA am Donnerstag Sanktionen gegen das staatliche Edelsteinunternehmen Myanmar Gems Enterprise an. Alle relevanten Vermögenswerte würden eingefroren und sämtliche Transaktionen mit der Firma verboten, erklärte das US-Finanzministerium. Das Unternehmen überwacht den Abbau und die Vermarktung von Jade und anderen Edelsteinen im Land. Edelsteine sind eine der wichtigsten Einnahmequellen Myanmars.
"Indem wir gezielte Sanktionen verhängen, senden wir ein klares Signal an das Militär, dass die Vereinigten Staaten den Druck auf die Einkommensströme des Regimes solange erhöhen werden, bis es seine Gewalttätigkeit einstellt", erklärte US-Außenminister Antony Blinken. Washington hatte bereits kurz nach dem Putsch Sanktionen gegen drei myanmarische Edelsteinfirmen verhängt.
(I.Beryonev--DTZ)