Deutsche Tageszeitung - Mindestens zehn Minenräumer bei bewaffnetem Angriff im Norden Afghanistans getötet

Mindestens zehn Minenräumer bei bewaffnetem Angriff im Norden Afghanistans getötet


Mindestens zehn Minenräumer bei bewaffnetem Angriff im Norden Afghanistans getötet
Mindestens zehn Minenräumer bei bewaffnetem Angriff im Norden Afghanistans getötet / Foto: ©

Im Norden Afghanistans haben bewaffnete Angreifer das Gelände einer britischen Hilfsorganisation überfallen und mindestens zehn Minenräumer getötet. 16 weitere Menschen seien bei dem Angriff auf das Gelände der Organisation Halo Trust in der Provinz Baghlan am Dienstagabend verletzt worden, teilte das Innenministerium in Kabul am Mittwoch mit. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich. Die Bundesregierung verurteilte den Angriff scharf.

Textgröße ändern:

Der Angriff ereignete sich nach Angaben von Halo Trust, als sich etwa 110 einheimische Mitarbeiter von ihrem Arbeitstag auf den nahegelegenen Minenfeldern rund 260 Kilometer nördlich von Kabul ausruhten. Nach Angaben eines Sprechers des Gouverneurs von Baghlan waren die Angreifer maskiert.

Ein Überlebender sagte der Nachrichtenagentur AFP, es habe fünf oder sechs Angreifer gegeben, welche die Minenarbeiter zusammengetrieben und gefragt hätten, ob unter ihnen Angehörige der schiitischen Hasara-Minderheit seien. Darauf habe niemand geantwortet. Schließlich hätten die Angreifer das Feuer eröffnet, alle Minenarbeiter hätten versucht, sich in Sicherheit zu bringen. "Einige wurden getötet, andere - wie ich - verletzt."

Wie das auf die Auswertung islamistischer Websites spezialisierte US-Institut Site mitteilte, behauptete der IS, hinter dem Anschlag zu stecken und dabei mehr als 60 Minenarbeiter in Baghlan getötet oder verwundet zu haben.

Die afghanische Regierung hatte zuvor Kämpfer der radikalislamischen Taliban für den Angriff verantwortlich gemacht, was aber sowohl von der Miliz als auch von der Organisation Halo Trust zurückgewiesen wurde. "Wir verurteilten Angriffe auf wehrlose Menschen", erklärte ein Taliban-Sprecher bei Twitter. Die Taliban unterhielten "normale Beziehungen" zu Hilfsorganisationen und würden "nie so brutale Taten begehen".

Der Chef von Halo Trust, James Cowan, sagte der BBC, Taliban-Kämpfer hätten sogar dabei geholfen, den Angriff zu beenden. Er sprach von einem "schrecklichen Vorfall, dem schlimmsten in der Geschichte des Halo Trust".

Bestürzt auf den Anschlag reagierte auch die Bundesregierung. "Diese Tat ist ein feiger Angriff auf Menschen, die täglich ihr Leben dafür einsetzen, das schreckliche Erbe des Kriegs zu beseitigen und ein normales Leben für alle wieder möglich zu machen", erklärte die Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler. Der Angriff auf die Minenarbeiter sei ein "Angriff auf die Menschlichkeit".

Die Gewalt in Afghanistan hat in den vergangenen Wochen stark zugenommen. Die Provinz Baghlan war in den vergangenen Monaten Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen den Taliban und Regierungstruppen. Beobachter warnen, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan nach dem vollständigen Abzug der Nato-Truppen noch verschlechtern könnte.

US-Präsident Joe Biden hat einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis spätestens 11. September angekündigt, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge von New York und Washington, die Ausgangspunkt der US-Intervention in Afghanistan waren. Die US-Armee hat bereits mehrere Militärstützpunkte an die afghanischen Streitkräfte übergeben.

Die Hilfsorganisation Halo Trust wurde 1988 in Großbritannien gegründet und unter anderem von der verstorbenen Prinzessin Diana unterstützt. In Afghanistan beschäftigt die Organisation nach eigenen Angaben mehr als 2600 Menschen, die schon fast 80 Prozent der bekannten Minenfelder aus der sowjetischen Besatzungszeit in Afghanistan geräumt haben. Afghanistan ist aufgrund des jahrzehntelangen Konflikts eines der am stärksten verminten Länder der Welt.

(A.Nikiforov--DTZ)

Empfohlen

Büttner zur FDP-Generalsekretärin gewählt - Parteitag beschließt Leitantrag

Mit der Wahl einer neuen Generalsekretärin und der Verabschiedung eines Leitantrags hat die FDP auf ihrem Bundesparteitag die Neuaufstellung vorangetrieben. Die KI-Unternehmerin Nicole Büttner wurde am Samstag zur Generalsekretärin gewählt und gab mit dem Motto "Zukunft gestalten" statt "Vergangenheit verwalten" den Ton ihrer künftigen Arbeit vor. Im Leitantrag formuliert die Partei klassische liberale Themen - in Abgrenzung zur Politik der schwarz-roten Regierung.

Von Türkei freigelassener schwedischer Journalist: "Es lebe die Freiheit"

Ein fast zwei Monate lang wegen des Vorwurfs der Präsidentenbeleidigung in der Türkei inhaftierter schwedischer Journalist hat am Samstag seine Freiheit gewürdigt. "Ich habe darüber nachgedacht, was ich in diesem Moment sagen soll und es ist: 'Es lebe die Freiheit, die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und die Bewegungsfreiheit'", sagte Joakim Medin auf einer Pressekonferenz in Stockholm. Der 40-jährige Journalist war zuvor aus einem türkischen Hochsicherheitsgefängnis entlassen worden und am Freitag zurück nach Schweden geflogen.

Israel meldet Tötung von Hisbollah-Kommandeur im Südlibanon

Die israelische Armee hat im Südlibanon am Samstag nach eigenen Angaben einen örtlichen Kommandeur der Hisbollah-Miliz getötet. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, bei einem israelischen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug im Bezirk Tyros sei ein Mensch getötet worden. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP sah das ausgebrannte Wrack eines Autos in Abu al-Aswad rund 30 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt.

Kreml: Treffen Putins mit Selenskyj erst nach "Vereinbarung" mit Ukraine "möglich"

Die Regierung in Moskau knüpft ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj an die Bedingung, dass beide Länder zuvor eine "Vereinbarung" erzielen. Das sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow einen Tag nach den ersten direkten ukrainisch-russischen Gesprächen seit mehr als drei Jahren, bei denen es in der Frage einer Waffenruhe keine Annäherung gab. Am Samstag wurden bei einem russischen Drohnenangriff auf einen Kleinbus in der Ukraine mindestens neun Menschen getötet.

Textgröße ändern: